Von RA Elmar Kühn, Hauptgeschäftsführer, UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e. V..

Im Rahmen der nationalen Umsetzung des Europäischen Klimagesetzes soll der Verkehrssektor in Deutschland bis 2045 klimaneutral werden.

Ein ambitioniertes Ziel wird unter anderem daran gemessen, dass der Frachtgüter- und der Personenverkehr in den kommenden Jahren weiter zulegen wird und der Anteil flüssiger Energieträger im Verkehrssektor in Deutschland bei rund 98 Prozent liegt – Strom zum Betrieb des Fuhrparks also noch keine nennenswerte Rolle spielt. Aufgrund des begrenzten weiteren Ausbaupotentials für Wind- und Sonnen-energie in Deutschland und des gleichzeitig steigenden Energiebedarfs, ist das Land zwingend auf den Import Erneuerbarer Energien angewiesen, um seine Klimaziele zu erreichen. Im globalen Maßstab ist da-gegen ausreichend Erneuerbare Energie aus Wind und Sonne vorhanden. Aufgrund von Speicher- und Transportrestriktionen muss Strom nahe des Anwendungsorts gewonnen werden – er fällt für den Import also weitgehend aus. E-Fuels lösen das Problem. E-Fuels („Electric Fuels“) sind flüssige synthetische Kraft- und Brennstoffe, die mittels grünen Stroms aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid hergestellt werden. Da bei ihrer Nutzung nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie zuvor bei ihrer Produktion der Atmosphäre entzogen wurde, sind sie klimaneutral. Die chemischen Eigenschaften von E-Fuels entsprechen denen herkömmlicher (fossiler) flüssiger Kraft- und Brennstoffe. Sie haben eine hohe Energiedichte und können leicht transportiert sowie gespeichert wer-den. Diese Eigenschaften ermöglichen es u.a., preisgünstige erneuerbare Energie aus sonnen- und windreichen Gebieten der Welt in Form von E-Fuels nach Deutschland zu importieren. E-Fuels können sowohl im Pkw als auch in allen anderen Verkehrsträgern verwendet werden. Sie sind weltweit ein-setzbar und können die bestehenden Infrastrukturen nutzen. Sie eignen sich für den Fahrzeugbestand genauso wie für Neufahrzeuge. E-Fuels tragen zur Beschäftigungs- und Standortsicherung in Deutschland und zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Erzeugerländern bei. Trotz der beschriebenen Vorteile über E-Fuels kursieren eine Reihe von Irrtümern:

  1. „Verbrenner mit E-Fuels haben eine schlechtere CO2-Bilanz als BEV.“

Falsch. Es wurde nachgewiesen, dass schon heute ohne E-Fuels die über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs kumulierten CO2-Emissionen bei batterieelektrischem Antrieb (BEV) und verbrennungs-motorischem Antrieb (ICEV) relativ nahe beieinander liegen. Die CO2-Emissionen sind in den einzelnen Lebenszyklusphasen unterschiedlich hoch: Für BEV primär bei Herstellung und Erzeugung der Antriebs-energie; für ICEV in der Nutzungsphase. Die CO2-Gesamtbilanz der Fahrzeuge wird sich zukünftig weiter verbessern: Bei BEV durch die Steigerung des Anteils der Erneuer-baren am Strommix und für ICEV durch den steigenden Beimischungsanteil von E-Fuels.

  1. „Strom für E-Fuels zu nutzen ist weniger effizient als für BEV.“

Eine Studie hat nachgewiesen, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die mit klimaneutralen Kraftstoffen angetrieben werden, bei einem gesamtheitlichen Effizienzvergleich für Produktion und Nutzung ein ähnliches Ergebnis aufweisen, wie batteriegetriebene Fahrzeuge. In gängigen konventionellen Effizienzanalysen bleiben vor allem standortspezifische Faktoren der Erzeugung erneuerbarer Energien und die damit einhergehende Ertragseffizienz der erneuerbaren Stromgewinnung unberücksichtigt. E-Fuels profitieren davon, dass sie an internationalen Standorten mit hohen Stromerträgen aus erneuerbaren Energien hergestellt und von dort importiert werden können. Ladestrom für E-Fahrzeuge muss dagegen aufgrund von Speicher- und Transportrestriktionen nah am Ort der Verwendung erzeugt werden. Auch weitere wichtige Faktoren bleiben in konventionellen Effizienzanalysen unberücksichtigt: Dazu zählen Energieverluste beim Transport und bei der Speicherung, Ladeverluste bei batterieelektrischen Fahr-zeugen sowie der Energiebedarf zur Klimatisierung der Fahrzeuge.

  1. „E-Fuels sind viel zu teuer.“

Durch den Ausbau von Produktionskapazitäten und wirtschaftlichen Skaleneffekten werden die Herstellungskosten deutlich gesenkt. E-Fuels wären auch in den Jahren des Markhochlaufs für den Autofahrer bezahlbar, denn ihr Beimischungsanteil würde nur allmählich steigen, während auf der anderen Seite die Produktions-kosten stetig sinken. Es ist daher davon auszugehen, dass Kraftstoffe mit E-Fuels Beimischung von Beginn an für den Auto-fahrer nur einige Cent je Liter teurer als rein fossile wären. Experten gehen davon aus, dass die Produktionskosten zum Jahr 2050 auf unter einen Euro je Liter sinken.

Wenn die Energiewende erfolgreich sein soll, müssen geeignete Anreize für Wirtschaft und Verbraucher gesetzt werden. Unternehmen würden dann in den Hochlauf von klimaneutralen synthetischen Kraft- und Brennstoffen investieren und Verbraucher könnten von fossilen auf nicht-fossile Kraftstoffe umsteigen. Die Politik müsste mehr auf Technologieoffenheit setzen, d. h. vor allem, dass die Elektromobilität nicht länger einseitig vom Gesetzgeber bevorzugt werden darf. Zum Markthochlauf von E-Fuels braucht es daher seitens der Politik:

  • Die Anerkennung des Importbedarfs Erneuerbarer Energien in Form flüssiger Energieträger (z. B. E-Fuels) in sämtlichen energiepolitischen Strategien und die Umsetzung entsprechender Maßnahmen zur Realisierung dieses Imports.
  • Die Anrechenbarkeit von E-Fuels bei der EU-Flottenregulierung von neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen sowie von neuen Lkw und schweren Nutzfahrzeugen.
  • Eine ambitionierte Mengenmindestquote für E-Fuels für den gesamten Verkehrssektor.
  • Eine Klimafreundliche Neugestaltung der Energiebesteuerung im Verkehrssektor, z. B. eine reine Abgabe auf Emissionen von fossilem CO2.
  • Eine regulative Anerkennung flüssiger alternativer Brennstoffe als eine Regel-Erfüllungsoption in der Gebäudeenergie-gesetzgebung.

UNITI
www.uniti.de

E-Fuels
www.e-fuels.de

Quelle: OEM&Lieferant, Ausgabe II/2021