Die Erfahrungen in der Pandemie treiben neue Planungs- und Beratungsleistungen.
Von Prof. Dr. Klaus-J. Schmidt, AKJ Automotive – Geschäftsstelle
c/o Institut für Produktions- und Logistiksysteme, Saarbrücken
Bereits nach dem ersten Abklingen der hohen Inzidenzzahlen nach dem Sommer 2020 wurde es deutlich: Die internen und externen Dienstleistungen für Konzeptions-, Planungs- und Beratungsleistungen durchlaufen einen intensiven Transformationsprozess. Vormals in den Unternehmen vor Ort durchgeführte Leistungen werden zunehmend digital erbracht und dieser Trend wird sich weiter verstärken. Aber wie müssen und können diese Dienstleistungen aussehen?
Remote Consulting
Wie Beratungsprozesse in Unternehmen analog und vor Ort erfolgreich durchgeführt werden, wird in den meisten Beratungsunternehmen von gut bis sehr gut beherrscht.
Das beginnt beim Akquise-Prozess schon auf der Basis des beherrschten Leistungsportfolios und ist dann verbunden mit der Verinnerlichung der Unternehmenserwartungen und den Erfolgsmöglichkeiten mit dem Beratungsprozess.
Nach der Auftragsvergabe und einem geeigneten Set-Up der Projetteams und Lenkungsgremien steht dann die Durchführung des Projektes mit ggf. erforderlichen Projektanpassungen im Vordergrund und endet mit dem Erreichen oder dem Übertreffen des geforderten Projektzieles
WEG VOM KLASSISCHEN BERATUNGSANSATZ
Dass es noch andere erfolgreichere Vorgehensweisen in der Beratung gibt, wurde erst mit dem Auftreten der Corona-Krise wirklich relevant. So mussten einerseits Vor-Ort-Termine unter Normalbedingungen entfallen und andererseits auch die für ein erfolgreiches Beratungsprojekt erforderlichen Personen wegen der Erfordernisse einer örtlichen, personellen und zeitlichen Entkopplung auf eine ganz andere Art und mit neuen Techniken in der Analyse-, der Konzept-, der Gestaltungs- und Optimierungsphase eingebunden werden.
Es kommt immer wieder vor, dass die in Beratungsprozessen erforderlichen Entscheidungsprozesse auf der GF- und Vorstandsebene immer schneller und besser abzusichern sind. Dies erfordert neue Technologie- und Organisationskonzepte. Projekt-, Meeting-, Kommunikations- und Methoden-Design müssen sich neuen Erwartungen an Effizienz und Qualität stellen.
V-, L-, U-, W- UND ACHTERBAHN-PANDEMIEN ALS TREIBER FÜR NEUE BERATUNGSKONZEPTE
Für uns wurde erkennbar, dass jetzt die Zeit gekommen ist, auch Beratungsprozesse neu zu denken und dies nicht nur für jetzt, sondern auch für die Zeit nach Pandemien. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich ein großer Teil der wirtschaftlichen Aktivitäten auch mit immer wieder auftretenden Wellen auf neue Pandemien oder sonstige Risiken ausrichten muss.
Das ist aber nur der Teil, der sich mit den Folgen von Pandemien erklären lässt. Die Zukunft im Beratungsgeschäft wird mittelfristig nur mit neuen Herangehensweisen gelingen. Hier sehen wir die Chance für mehr Remote- und Digital Consulting. Das klassische Vor-Ort-Beratungsgeschäft wird disruptiv auslaufen.
WIE SIEHT EIN ERFOLGREICHES REMOTE-CONSULTING AUS?
Remote Consulting beginnt mit der Akzeptanz, dass externe/interne Beratungs-Expertise viel direkter mit den Entscheidungs- und Umsetzungsstellen verzahnt wird – ergänzt und mit einem immer höheren Einsatz von digitalen Methoden. So können die bestehenden Defizite in vielen bisherigen Beratungsansätzen wie zu „geringes Ergebnis“, „dauert zu lange“, „ist zu teuer“ vermieden werden.
Je nach Beratungsschwerpunkt werden sich die Remote-Consulting-Konzepte unterscheiden. Sie erfordern auch andere, spezifische Organisationsformen und Berater, die in der Lage sind, die jetzt verfügbaren und neuen methodischen Ansätze digital in den Beratungsprozess einzubringen. In allen Projekten wird die Nutzung von validen Zahlen, Daten, Fakten und die Geschwindigkeit der Erkenntnisgewinnung, Entscheidungsfindung und Umsetzung eine immer wichtigere Rolle spielen.
EINIGE GRUNDSÄTZLICHE ANSÄTZE IM REMOTE CONSULTING
- Projektzielsetzung ist für alle Beteiligten digital transparent, akzeptiert
- Projektstrukturen und Verantwortungen sind personalisiert und kundenorientiert
- Alle Vor-Ort- und Prozessaufnahmen sind ohne Anwesenheit der Berater möglich
- Alle Abstimmungs-/Bewertungsrunden sind unabhängig vom Ort der Beteiligten
- Prozess-Design/-Daten werden digital, übergreifend und permanent verfügbar
- Digitale Meeting-Systeme als Kommunikations- und Kollaborationstools
- Tools zur Erfassung von Mitarbeiter- und Materialbewegungen (Motion Mining)
- Big-Data- bzw. Analytics-Tools müssen in der Projektphase beherrscht werden
- Flexibles Integrieren externer und interner Expertise im Beratungsprozess
- Cybersicherheit in allen Phasen
Wie in klassischen Projekten ist es auch hier entscheidend, dass die Berater in die Projekte Erfahrungen und Benchmarks aus vergleichbaren Unternehmen einbringen können. Dies ist auch eine wichtige Basis für die Steigerung der Motivation in den Projektteams. Im Ergebnis führt erfolgreiches Remote Consulting zu einer fortlaufenden Projektergebnisbewertung, schnelleren Projektergebnissen und erheblicher Reduzierung von Vor-Ort-Projektmeetings.
BEISPIEL REMOTE CONSULTING IM BEREICH PRODUKTIVITÄT EINES ZULIEFERBETRIEBES
In dem hier skizzierten Beispiel war ein wichtiges Ziel, die Produktivität in der Kunststoff- und Metallfertigung, in der nachfolgenden Montage und in der vor-/nachgelagerten Logistik wesentlich zu steigern, hier von 75% auf 95%. Als Zeitrahmen für die Zielerreichung waren 6 Monate gesetzt.
Eingesetzt/Umgesetzt wurden im Projekt:
- Digitale Vorbewertung als Basis für die Projektagenda und -akzeptanz
- Digitale Projektsteuerung (Kommunikation, Kollaboration, Auswertung)
- Big-Data-Tools zur Extraktion sowie die Bewertung der Datenlage und Potenziale
- Video-Analysen in den Produktions-/Logistikprozessen zur Potenzialermittlung
- Nutzung einer permanent fortgeschriebenen Wissensdatenbank
- Hohe Absicherung der im Projekt gewonnenen Daten
Wenn Sie weitere Details zu den in Projekten eingesetzten Methoden wünschen, können Sie uns gerne ansprechen. Z.B. auf dem nächsten Automobilkongress in Saarbrücken am 30.9./1.10.2021 oder direkt unter kjschmidt@iplnet.de.
