Produkte – Märkte – Umwelt – Energie – IT – Industrie 4.0 – E-Mobilität OEM & LIEFERANT Netzwerk Automotive - Innovationen. Konzepte. Lösungen. Ausgabe 02/2025
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3 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, die Stimmung in der deutschen Automobilindustrie scheint sich aufzuhellen. Wie das Münchner Ifo-Institut mitgeteilt hat, stieg das Geschäftsklima-Barometer von minus 31,6 Punkten auf minus 23,8 Punkte im Juni. Und die Halbjahresstatistik der deutschen Pkw-Neuzulassungen scheint diesen positiven Trend zu bestätigen. Zwar sind wir noch weit von den Werten der Vor-CoronaZeit entfernt. Im ersten Halbjahr 2019 wurden fast ein Viertel mehr Fahrzeuge in Deutschland zugelassen als im aktuellen Jahr. Aber im Markt der Elektrofahrzeuge scheint sich etwas zu bewegen. Auch wenn die von der Politik versprochenen Maßnahmen – Thema Stromsteuersenkung – so bisher nicht realisiert wurden, sind die Neuzulassungen von E-Fahrzeugen im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast ein Drittel auf eine viertel Million Einheiten gestiegen. Erheblichen Aufwind verspürten auch Plug-in-Hybride mit einem Zulassungsanteil von 9,9 Prozent und Fahrzeuge mit einem hybriden Antrieb, die auf beachtliche 38,4 Prozent Zulassungsanteil kommen. Andere Antriebe spielen faktisch keine Rolle mehr. Die eins mit hohen Vorschusslorbeeren bedachte Brennstoffzelle kommt auf gerade noch 43 zugelassene Fahrzeuge. Deutlicher können die Zeichen nicht sein: Der E-Antrieb mit seinen hybriden Modifikationen hat sich als die Alternative zum Verbrennungsmotor durchgesetzt. Andere Antriebsformen fristen bestenfalls ein Nischendasein. Betrachtet man die Zulassungsstatistik der E-Fahrzeuge gesondert nach Marken, macht man die überraschende Feststellung, dass sich unter den ersten zehn Bestplatzierten allein acht Modelle aus dem VW-Konzern befinden. Angeführt wird die Tabelle vom VW ID 7 mit 18.107 Einheiten. Erst auf Platz 9 folgt mit 6305 Fahrzeugen der Tesla Modell Y. Fahrzeuge chinesischer Provenienz tauchen auf den vorderen Plätzen nicht auf – letztlich ein Zeichen dafür, wie schwierig sich der Markteintritt für neue Wettbewerber in Deutschland gestaltet. All diese positiven Zeichen sollten allerdings nicht den Blick auf die nach wie vor schwierige Situation unserer Automobil- und Zulieferindustrie verstellen. Auch wenn es chinesischen Wettbewerbern schwerfällt, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen, gewinnen sie mit ihren Modellen auf ihrem Heimatmarkt immer größere Marktanteile und das zulasten unserer Hersteller. Auch die deutsche Wirtschaft bleibt – trotz verbessertem Geschäftsklima – in einem fragilen Zustand. Der Zollkonflikt mit den USA scheint beigelegt, was zum einen den Unternehmen wieder die notwendige Planungssicherheit verschafft. Andererseits belasten die auf 15 Prozent festgesetzten Zölle die Exporte in die USA in Milliardenhöhe. So erwartet die Beratungsgesellschaft Deloitte in einer kürzlich erschienenen Analyse einen Rückgang deutscher Fahrzeug-Exporte in die USA in Höhe von zwölf Prozent mit einem Marktwert von rund vier Milliarden Euro pro Jahr. Jedoch sollten die positiven Signale aus dem deutschen Markt Mut machen, zeigen sie doch, dass unsere Automobilindustrie auf dem besten Weg zu alter Stärke ist. Wie schon die vergangenen Ausgaben erscheint auch diese Ausgabe von OEM&Lieferant wieder ausschließlich digital, mit der Möglichkeit, durch Verlinkungen, Interaktionen und Vernetzung zu Webinhalten und Sozialen Medien zusätzliche Informationen zu erhalten. Allen AutorInnen sowie InterviewpartnerInnen und AnzeigenkundInnen gilt unser Dank für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die nächste Ausgabe von OEM&Lieferant wird voraussichtlich im März 2026 erscheinen, und Sie sind herzlich eingeladen, sich mit Ihren Beiträgen, Interviews, Firmenpräsentationen und Anzeigen zu beteiligen. Ihre Redaktion Elisabeth Klock und Dr. Rudolf Müller P. S. Besuchen Sie auch unser Fachpresseportal www.oemundlieferant.de Folgen Sie uns auf LinkedIn und werden Sie Mitglied in der LinkedIn-Gruppe OEM&Lieferant Dr. Rudolf Müller Elisabeth Klock
Editorial 3 von Elisabeth Klock und Dr. Rudolf Müller (Herausgeber) Interview „Wir gestalten den Wandel“ 8 Fragen an Thomas Vollmar, Präsident des Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. Quo vadis, Automobilindustrie? 10 Rezension von „Chancen und Risiken in der Automobilindustrie: Handlungsempfehlungen zur Transformation von Märkten, Produkten, Prozessen und Strukturen“ von Thomas Korne (Herausgeber) und Klaus-Jürgen Schmidt (Herausgeber) Qualitätssicherung in der Produktion Porsche setzt mit der Fraunhofer 12 IOSB-Anomalieerkennung auf den aktuellen Stand der Wissenschaft Von Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, Abteilung Human-AI Interaction, Karlsruhe, Dr.-Ing. Frederik Diederichs, Leiter Perceptual User Interfaces, Gerrit Holzbach, Perceptual User Interfaces und Dr. Jutta Hild, Perceptual User Interfaces IT und Automotive SAP EWM und TM: Lager und Transport 4.0 15 Von Sebastian Keilhacker, Senior Managing Consultant und Maximilian Schmidt, Senior Logistics Consultant, beide CONSILIO Schluss mit Papierkram: Warum Ihr Unter- 17 nehmen jetzt auf E-Rechnung setzen sollte Von Hermann Schäfer, Chief Sales & Marketing Officer bei DocuWare Teststrategie neu gedacht 19 Shift-Left und Durchgängigkeit in der Fahrzeugentwicklung schaffen Von Astrid Schmidt, Communication Manager Press & PR, IPG Automotive GmbH Aftersales-Diagnose im Wandel 20 Herausforderung Werkstattlösung mit Software-basierten Fahrzeugen – SOVD im Einsatz Von Oliwier Sochor, Produktmanager für AftersalesDiagnose bei Softing Automotive Electronics GmbH Gen-AI in sicherheitsgerichteten 23 Entwicklungsprozessen: Potenziale, Grenzen und Perspektiven Von Marc Maußner, Senior Consultant bei der infoteam Software Gruppe Entwicklungszeit verkürzen und Kosten senken 25 Was KI im Engineering bewirken kann Interview mit Dr.-Ing. Matthias Grünewald, UNITY AG Röchling Automotive 26 SPEEDI bildet Anforderungen der AutomotiveKunden out of the box und integriert in SAP ab Von Anders Petering, Senior Account Manager SAP, WSW Software GmbH Innovative Technologien ecoMelting – der nachhaltige 30 Schmelzprozess der Zukunft Von Erik Bettenhausen, Leiter Kompetenzcenter Energie, Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG Engineering Partner Verbesserte Fahrzeugentwicklung durch 33 KI-gestützte Prozessautomatisierung Von Gustavo Bordón, Systems Engineer bei der ASAP Gruppe Kritische Konflikte frühzeitig 35 erkennen – mit KI-Unterstützung Von Siegfried Maier, invenio Virtual Technologies GmbH Produkte und Märkte AUROOM® – Die Zukunft der 37 Automobilfarbgestaltung ist digital Von Jörg Zumkley, Global Communications Coatings, BASF Coatings Interview „Kunden wollen keine Insellösungen.“ 39 Interview mit Adrian Marggraf und Markus Loris, Schreiner Group Optimierte Produktionsprozesse 41 SAFELOG erweitert Zusammenarbeit mit dem Autobauer Mercedes-Benz Von Alexander Strunz, PR & Communications Manager, SAFELOG GmbH Verbindungstechnik Böllhoff Richtungsweisende Stanzniettechnik 42 für moderne Werkstofftrends EJOT SpringHead® 48 Hoher Vorspannkrafterhalt für anspruchsvolle Anwendungen Von Prof. Dr. Ralph Hellmig, Director Technology Management Fasteners, EJOT SE & Co. KG Inhalt/Content Bild: © ShutterDesigner/shutterstock.com Bild: © SWKStock/shutterstock.com
Job und Karriere Schlüsselkompetenz Resilienz 50 Dr. Rudolf Müller. OEM&Lieferant im Gespräch mit Marion Plocher, CEO/Founder der Plocher Executive Find GmbH, Stuttgart Unternehmen und Produkte berufundfamilie Service GmbH audit beruf&vielfalt: Vielfalt 52 ganzheitlich managen dormakaba Deutschland GmbH Neue cloudbasierte Zutrittskontrolle 52 MATRIX as a Service von dormakaba HÜNGSBERG GmbH Neue Chancen für Automobilzulieferer: 52 Effiziente Belieferung der Verteidigungsindustrie meistern – mit HÜNGSBERG EDI-Lösungen imds professional GmbH & Co. KG CO₂-Transparenz entlang 52 der Lieferkette: Welche Plattform bildet die geeignete Basis? Experten/Experts 53, 54, 55 Impressum/Imprint 81 Firmenporträts Die ASAP Gruppe 56 Böllhof 58 BüchnerBarella Versicherungsmakler GmbH 60 KSI Klaus Stahl Industrielackierungen GmbH 61 SUSI&James GmbH 62 Werner Walter Metallveredlung GmbH 64 Editorial 65 by Elisabeth Klock and Dr. Rudolf Müller (editors) Quality Assurance in Production Porsche Relies on the Latest Scientific Standards 66 with Fraunhofer IOSB Anomaly Detection By Fraunhofer Institute of Optronics, System Technologies and Image Exploitation IOSB, Department Human-AI Interaction, Karlsruhe, Dr.-Ing. Frederik Diederichs, Group Lead Perceptual User Interfaces Gerrit Holzbach, Perceptual User Interfaces Dr. Jutta Hild, Perceptual User Interfaces First Robotaxis are on Test on 68 Luxembourg Roads By Anthony Auert, Business Relationship Manager, Luxinnovation and Jean-Michel Gaudron, Senior Communication Officer, Luxinnovation New Technology Convinces 71 Automotive Industry By Dr. Georg Wagner, NTC Nano Tech Coatings GmbH, Tholey (Saarland) IT and Automotive A New Take on Test Strategies 73 Mastering the shift left and promoting continuity in vehicle development By Astrid Schmidt, Communication Manager Press & PR, IPG Automotive GmbH The Changing World of After-Sales Diagnostics 74 The Challenge of Workshop Solutions with Software-defined Vehicles – SOVD in Action By Oliwier Sochor, product manager for after-sales diagnostics at Softing Automotive Electronics GmbH Fastening technology EJOT SpringHead® 76 High clamp load retention for demanding applications By Prof. Dr. Ralph Hellmig, Director Technology Management Fasteners, EJOT SE & Co. KG Products and Markets SAFELOG expands cooperation with 79 car manufacturer Mercedes-Benz By Alexander Strunz, PR & Communications Manager, SAFELOG GmbH AUROOM® – The Future of Automotive 80 Color Design is Digital By Jörg Zumkley, Global Communications Coatings, BASF Coatings GmbH imds professional GmbH & Co. KG CO₂ Transparency Along the Supply Chain: 81 Which Platform Provides the Right Foundation? Company Presentation Böllhoff 82 Bild: © franz12/shutterstock.com Bild: © chinasong/shutterstock.com
Autoren/-innen und Interviewpartner/-innen · Authors and Interviewees Sortiert nach Unternehmen · Sorted by Company Bitte klicken Sie auf die jeweilige Seitenzahl, um den Beitrag des Autors/in zu öffnen Please click on the respective page number to open the author‘s article Dr. Rudolf Müller Freier Journalist Seite 3 Page 65 htw saar AKJ Automotive Prof. Dr. Thomas Korne Seite 12 ASAP Gruppe Gustavo Bordón Systems Engineer Seite 33 IPL Prof. Schmidt AKJ Automotive Prof. Dr. Klaus-J. Schmidt Seite 10 A Thomas Vollmar Präsident des Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. Seite 8 Consilio GmbH Sebastian Keilhacker Senior Managing Consultant Seite 15 Consilio GmbH Maximilian Schmidt Senior Logistics Consultant Seite 15 DocuWare Hermann Schäfer Chief Sales & Marketing Officer Seite 17 EJOT SE & Co. KG Prof. Dr. Ralph Hellmig Director Technology Management Fasteners Seite 48 Page 76 E C D BASF Coatings Joerg Zumkley Global Communications Seite 37 Page 80 B F Fraunhofer-Institut (IOSB), Abteilung HumanAI Interaction Dr.-Ing. Frederik Diederichs Perceptual User Interfaces Seite 12 Page 66 Fraunhofer-Institut (IOSB), Abteilung HumanAI Interaction Gerrit Holzbach Perceptual User Interfaces Seite 12 Page 66 CONSILIO GMBH | EINSTEINRING 22 | 85609 ASCHHEIM | T +49 89 9605750 | WWW.CONSILIO-GMBH.DE Erfahren Sie mehr zu unserem Webinarangebot 90x210_oem_anzeigen alle ab 2024.indd 5 22.10.2024 14:42:26
7 MATRIX as a Service Cloud Neue cloudbasierte Zutrittskontrolle Sicher, flexibel und immer up- to-date! P UNITY AG Dr.-Ing. Matthias Grünewald KI-Experte und Senior Manager Seite 25 Plocher Executive Find GmbH Marion Plocher CEO/Founder Seite 50 Softing Automotive Electronics GmbH Oliwier Sochor Produktmanager für Aftersales-Diagnose Seite 20 Page 74 WSW Software GmbH Anders Petering Senior Account Manager SAP Seite 26 Schreiner Group Adrian Marggraf Produktmanager Seite 39 Schreiner Group Markus Loris Produktmanager Seite 39 SAFELOG GmbH Alexander Strunz Referent Unternehmenskommunikation & PR Seite 41 Page 79 S U Bild: © Mario Stockhausen infoteam Software Gruppe Marc Maussner Senior Consultant Seite 23 invenio Virtual Technologies GmbH Siegfried Maier Referent Public Relations and Communication Seite 35 IPG Automotive GmbH Astrid Schmidt Communication Manager Press & PR Seite 19 Page 73 Luxinnovation Anthony Auert Business Relationship Manager Page 68 Luxinnovation Jean-Michel Gaudron Senior Communication Officer Page 68 Fritz Winter Eisengießerei GmbH & Co. KG Erik Bettenhausen Leiter Kompetenzcenter Energie Seite 30 W I NTC Nano Tech Coatings GmbH Dr. Georg Wagner Page 71 N Fraunhofer-Institut (IOSB), Abteilung HumanAI Interaction Dr. Jutta Hild Perceptual User Interfaces Seite 12 Page 66 L
8 Interview „Wir gestalten den Wandel“ Fragen an Thomas Vollmar, Präsident des Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. Der Gesamtverband Autoteile-Handel e. V. ist der Branchenverband des freien Kfz-Teile-Großhandels in Deutsch- land. Er vertritt Handelsunternehmen sowie Kfz-Teilehersteller und Anbieter technischer Informationen. OEM&Lieferant: Die Automobilindustrie befindet sich nach wie vor in einer fundamentalen Krise. Transformation in neue Antriebe, mächtige neue, vornehmlich chinesische Wettbewerber, unsichere Rahmenbedingungen wie die aktuelle US-Handelspolitik und nicht zuletzt rezessionsbedingter Beschäftigungsabbau beherrschen die Schlagzeilen. Wie sehen sie als Teil dieser Branche die aktuelle Situation und wie beurteilen Sie die Perspektiven unserer Automobil- und Zulieferindustrie? Thomas Vollmar: Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die deutsche Wirtschaft entgegen den Erwartungen im ersten Quartal 2025 um 0,2 Prozent gewachsen. Jedoch können die Fahrzeughersteller davon nicht profitieren. Sie stecken nach wie vor in einem tiefgreifenden Transformationsprozess, der nun zu allem Überfluss auch noch von einer bedrohlichen US-Handelspolitik begleitet wird, die zu erheblichen Eruptionen in und zwischen den Märkten führt. Weiterhin wird die Abhängigkeit der Branche von China immer deutlicher. Dies gilt zum Beispiel für den Zugriff auf Seltene Erden und andere für die Automobilproduktion erforderliche Rohstoffe und vor allem für die Batteriezellenproduktion und -entwicklung. Hier verfügt China über einen kurz- bis mittelfristig kaum aufholbaren Vorsprung. OEM&Lieferant: Der Gebrauchtwagenmarkt ist im Gegensatz zum Neuwagengeschäft relativ stabil, mit einer leicht steigenden Tendenz, was sich an gestiegenen Besitzumschreibungen ablesen lässt. Auch das Pkw-Durchschnittsalter hat sich von 9,5 Jahren im Jahr 2018 auf heute 10,6 Jahre erhöht. Profitiert Ihre Branche von der Krise? Thomas Vollmar: Trotz der allgemeinwirtschaftlich bisher nicht zufriedenstellenden Situation und der anhaltenden Schwäche der Fahrzeughersteller bleibt der freie Teilemarkt 2025 auf Kurs. Entgegen der Gesamtwirtschaft rechnen wir für unsere Branche mit einem Wachstum von vier bis Bilder: © GVA Thomas Vollmar, Präsident des Gesamtverband Autoteile-Handel e.V.
9 sechs Prozent im laufenden Jahr. Die Auslastung der Freien Werkstätten ist ausgezeichnet, was zum einen an dem zunehmenden Durchschnittsalter der Fahrzeuge, aber auch an den deutlich günstigeren Stundenverrechnungssätzen gegenüber den Autohäusern liegt. OEM&Lieferant: Auf Ihrer „Automotive Conference“ 2024 hatten Sie sich mit dem Schwerpunktthema „Abhängigkeiten“ auseinandergesetzt. 2025 stellen Sie diese Veranstaltung unter das Motto „Wandel gestalten“. Mit welchen Themen werden Sie sich dabei hauptsächlich auseinandersetzen? Thomas Vollmar: Wir erleben derzeit einen tiefgreifenden Wandel auf allen Ebenen. So verlagern sich geopolitische Schwerpunkte nach Asien und dem Globalen Süden. Deutschland und seine europäischen Verbündeten müssen sich darauf einstellen. Mit dem technologischen Wandel verändern sich tradierte Unternehmensprozesse, gleichzeitig gewinnen alternative Antriebstechnologien wie Wasserstoff, Brennstoffzelle, E-Fuels oder E-Antriebe mit allen Facetten an Bedeutung. Neue Medien verändern nicht nur individuelles Kommunikationsverhalten, sondern prägen auch zunehmend unsere Geschäftsmodelle. Wir haben zu unserer Veranstaltung namhafte Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft eingeladen, um mit ihnen anhand von Praxisbeispielen zu diskutieren, welche Auswirkungen diese Entwicklungen für uns haben. Wir als GVA tun dies, weil wir nicht nur Objekt dieses Wandels sein wollen, sondern als Akteur ihn aktiv mitgestalten wollen. OEM&Lieferant: Unter dem Stichwort „Enforcement“ führt der GVA derzeit mehrere Klageverfahren vornehmlich gegen OEMs, wobei es hauptsächlich um die Durchsetzung verbandsspezifischer Interessen geht. Welche Ziele verfolgen Sie mit dieser Enforcement-Initiative? Thomas Vollmar: Der GVA hat die satzungsgemäße Aufgabe, die gemeinsamen Interessen des freien deutschen Kfz-Teile-Handels zu schützen und zu fördern. Dazu zählt auch die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche, wozu wir als qualifizierter Wirtschaftsverband ausdrücklich auch klagebefugt sind. Nachdem alle unsere Versuche gescheitert waren, auf dem Verhandlungsweg mit verschiedenen OEMs zu einer einvernehmlichen, interessengerechten und der aktuellen Rechtslage auch entsprechenden Lösung zu kommen, sahen wir uns gezwungen, von dieser Klagebefugnis Gebrauch zu machen. Unsere Klagen sind jedoch kein Selbstzweck. Im Einzelnen geht es dabei zum Beispiel um den durch die Typengenehmigungsverordnung garantierten freien Zugang zum OBD-Port in Fahrzeugen, der von manchen Fahrzeugherstellern reglementiert wurde. Auch die Praxis für Garantieleistungen durch die OEMs entspricht häufig nicht der Rechtslage. Wir wollen jedoch betonen, dass wir nach wie vor den Dialog mit den OEMs suchen. Die Klagen waren und sind jedoch erforderlich, um auf Seiten der OEMs Dialogbereitschaft zu erzeugen. OEM&Lieferant: Mit dem Inkrafttreten des EU-Data-Acts im Dezember 2023 und der Verlängerung der Gruppenfreistellungsverordnung im Mai 2023 mit der gleichzeitigen Aktualisierung der ergänzenden Leitlinien wurde der Forderung des GVA und der europäischen Dachorganisation FIGIEFA weitgehend entsprochen. Haben diese gesetzgeberischen Maßnahmen Ihrer Branche genutzt und sich im Verhältnis zu den OEMs bewährt? Thomas Vollmar: Beide gesetzgeberischen Maßnahmen waren Schritte in die richtige Richtung, jedoch haben sie sich in der Praxis nur beschränkt bewährt. So streben wir eine sektorspezifische Lösung an, um die Komplexität unserer Produkte deutlich besser abbilden zu können. Der Data-Act ist nicht ausreichend. Die ergänzenden Leitlinien zur Gruppenfreistellungsverordnung haben nach wie vor keinen rechtlich bindenden Charakter. Dies zu ändern, bleibt unser Ziel. OEM&Lieferant: Abschließend ein Wort zur politischen Situation. 2024 hatte der GVA sich in einem Positionspapier besorgt über die politische Situation in Deutschland geäußert und massive wirtschaftliche Reformen insbesondere im Rahmen von Deregulierung und Entbürokratisierung angemahnt. Wie waren die Reaktionen auf Ihre Stellungnahme und wie sehen Sie die Situation heute? Thomas Vollmar: Insbesondere in der Branche waren die Reaktionen auf unser Positionspapier ausgesprochen positiv. Positiv bewerten wir auch, dass die von uns angesprochenen Kernthemen Eingang in die Koalitionsvereinbarung der neuen Regierung gefunden haben. Politisch entwickeln sich die Dinge sowohl in Berlin als auch in Brüssel in die richtige Richtung. Ziel aller Aktivitäten muss sein, Wachstum auf allen Ebenen zu generieren, und wir sind zuversichtlich, dass dies gelingen wird. Wir danken Ihnen für das Gespräch. Das Gespräch führte Dr. Rudolf Müller. www.gva.de
10 Quo vadis, Automobilindustrie? Rezension von „Chancen und Risiken in der Automobilindustrie: Handlungsempfehlungen zur Transformation von Märkten, Produkten, Prozessen und Strukturen“ von Thomas Korne (Herausgeber) und Klaus-Jürgen Schmidt (Herausgeber) Angesichts der aktuellen Situation der deutschen Automobilindustrie ist es den Schweiß aller Edlen wert, sich intensiv mit Chancen und Risiken in der weiteren Entwicklung dieser ehemaligen Paradedisziplin der deutschen Wirtschaft auseinanderzusetzen. Rückläufige Produktions- und Absatzzahlen, Marktanteilsverluste im wichtigen chinesischen Markt, ein schleppender Hochlauf der Elektromobilität entgegen allen Prognosen und Planungen und bisher nicht gekannte Qualitätsprobleme sogar im markenprägenden Premiumsegment sind die dramatischen Begleiterscheinungen einer Industrie zwischen Krise und Transformation in neue Technologien. Wo liegen in dieser Situation Chancen und Risiken der weiteren Entwicklung? Mit dieser Frage setzen sich Prof. Dr. Thomas Korne, Inhaber des Lehrstuhls für Internationales Logistikmanagement an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und Prof. Dr. Klaus-Jürgen Schmidt, Direktor am Institut für Produktions- und Logistiksysteme, Saarbrücken sowohl als Autoren als auch als Herausgeber in ihrer im Juli 2025 erschienen Publikation „Chancen und Risiken in der Automobilindustrie“ auseinander. Für die zahlreichen, fundierten Einzeldarstellungen konnten die Herausgeber Spezialisten, Fachleute und Führungsverantwortliche sowohl aus dem Wissenschaftsbereich als auch aus der betrieblichen Praxis gewinnen. Gerade aus diesem Dialog zwischen wissenschaftlich fundierter Analyse und betrieblich abgesicherter Perspektive gewinnt das Buch seine aus der Vergangenheit hergeleitete und an der Realität gespiegelte bereichernde und zukunftsgerichtete Aussagekraft. Das Buch fokussiert sich inhaltlich in seinem systematischen Duktus auf drei Schwerpunktthemen. Der Fokus des ersten Teils liegt auf dem Themenbereich „Strukturen und Lieferketten“ unter anderem mit einer tiefgreifenden Sandortanalyse der europäischen Automobilindustrie im globalen Wettbewerb sowie einem Beitrag zur Bedeutung der Halbleiterindustrie für die Automobilbranche gerade auch im Hinblick auf die weitere Fahrzeugelektrifizierung, autonomes Fahren und die Leistungselektronik. Abgerundet wird dieser Teil mit einem Beitrag zum Wert des Working Capital als Cashflow-Treiber in der Supply Chain und zum Änderungsbedarf logistischer Ausbildungsberufe für die Batterielogistik. Der zweite Teil des Buches widmet sich dem Themenkomplex „Prozesse“ und setzt sich vornehmlich mit der Frage auseinander, inwieweit sich aus der Verknüpfung von Nachhaltigkeit und Digitalisierung Chancenpotenziale in industriellen und logistischen Prozessen generieren lassen. Die Beiträge in diesem Teil schildern unter anderem den aktuellen Stand alternativer Antriebsarten im Nutzfahrzeugbereich, zeigen auf, wie Produktionsstandorte und Lieferketten resilienter, effizienter und nachhaltiger gemacht werden können und beleuchten das höchst aktuelle Thema des Chancenpotenzials generativer Künstlicher Intelligenz als Innovationstreiber der Automobilbranche. Teil drei des Buches wirft ein Schlaglicht auf in Produkten und Märkten vorhandene Potentiale. In einem Beitrag zu Herausforderungen und Chancen aus Automatisierung und Vernetzung wird der Stand der aktuellen Forschung zum autonomen Fahren und dem damit verbundenen Chancenpotenzial gegeben. Wie weit autonomes Fahren schon bei Outdoor-Anwendungen, außerhalb des öffentlichen Bereichs fortgeschritten ist sowie ein Beitrag zu Chancen und Risiken für den Hochlauf von Dienstleistungen im 2nd-Life sowie Recycling von Lithium-Ionen-Traktionsbatterien runden diesen Teil ab. Welche Bedeutung rechtliche Rahmenbedingungen für den Transformationsprozess der Automobilindustrie und hier insbesondere bei elektrischen Antrieben und Batterien haben, welche Haftungsfragen sich aus autonomen und vernetztem Fahren ergeben und welche Dimension das Thema Nachhaltigkeit in rechtlicher Sicht hat, sind Fragen, denen sich der vorletzte Beitrag dieses Teils widmet und die nicht nur für den juristisch vorgebildeten Leser von hohem Interesse sind. Im Gesamtkontext eher von anekdotischer Bedeutung, ohne den fachlichwissenschaftlichen Wert schmälern zu wollen steht der letzte Beitrag des Buches, der sich mit dem Thema autonomer, unbemannter Unterwasserfahrzeuge auseinandersetzt. Trotz der darin geschilderten volkswirtschaftlichen Bedeutung des maritimen Sektors und den dort vorhandenen Geschäftspotenzialen dürfte dies aus Sicht der deutschen Automobilindustrie doch eher ein Randthema bleiben. Das vorliegende Werk beschreibt in seiner klaren Gliederung in die dargestellten drei Themenbereiche die wesentlichen Problemfelder unserer Automobilindustrie, die zugleich auch ihre Chancenpotenzial darstellt. Die Autoren tun dies in einer klaren, auch für den interessierten Laien verständlichen Sprache. Hier findet kein akademischer Diskurs im universitären Elfenbeinturm statt. Alle Beiträge zeichnet eine deutliche, durch wissenschaftliche Untersuchungen belegte Zur Buchbestellung: https://t1p.de/i7vzi Bild: © Verlag Springer-Gabler
11 Praxisorientierung aus. Zusammenfassungen vor jedem Beitrag, sowie grafische Darstellungen und Tabellen fördern die Lesbarkeit, ohne den inhaltlichen Wert zu schmälern. Es wäre eine Anmaßung, von den Herausgebern eine umfassende Analyse verlangen zu wollen, die allen Aspekten der in ihren Wertschöpfungsketten extrem komplexen Automobilindustrie gerecht wird. Durch die Fokussierung auf die oben bereits genannten drei Schwerpunktthemen decken sie jedoch ein breites Spektrum aller Tätigkeitsfelder der Automobilindustrie ab und belegen diese mit ausgesuchten, auf Spezialthemen konzentrierte Einzeldarstellungen. Dass dabei dem Gesichtspunkt der Bedeutung logistischer Prozesse ein leichtes Übergewicht zukommt, mag dem akademischen Hintergrund der beiden Herausgeber geschuldet sein, schmälert den Wert der Arbeit jedoch in keiner Weise und sollte nicht als Kritik aufgefasst werden. Zusammenfassend bleibt festzustellen: Es liegt eine Arbeit vor, die allen Entscheidungsträgern der Automobil- und Zulieferindustrie sowie über gemeinsame Prozesse mit ihr verbundenen Dienstleistungs- und Servicebereichen nur wärmstens zur Lektüre ans Herz gelegt werden kann. Auch politisch Verantwortliche in Parlamenten, Verwaltung und Parteien sollten sich nicht scheuen, einen Blick in diese Publikation zu werfen. Sie gibt wertvolle Hinweise Erklärungen und damit Orientierung für unsere Automobilindustrie in ihrem aktuellen Transformationsprozess. klaus-juergen.schmidt@iplnet.de https://www.iplnet.eu https://www.akjnet.de Thomas Korne Klaus-Jürgen Schmidt Bild: © Thomas Korne Bild: © IPL
12 Qualitätssicherung in der Produktion Porsche setzt mit der Fraunhofer IOSB-Anomalieerkennung auf den aktuellen Stand der Wissenschaft Von Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, Abteilung Human-AI Interaction, Karlsruhe x Dr.-Ing. Frederik Diederichs, Leiter Perceptual User Interfaces x Gerrit Holzbach, Perceptual User Interfaces x Dr. Jutta Hild, Perceptual User Interfaces In der industriellen Produktion erfolgen Fertigung und Montage von Komponenten heute oft automatisiert. Etliche Fertigungs- und Montageschritte werden jedoch weiter von Mitarbeitern bewerkstelligt. Manche davon sind herausfordernd, weil mit der Tätigkeit hohe Konzentration gepaart mit einer gewissen Monotonie einhergeht. Die Mitarbeiter arbeiten normalerweise präzise und fehlerfrei. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu Fehlern kommen. Je nach Schwere der Auswirkungen ist es geboten, diese noch vor dem nächsten Prozessschritt aufzuspüren. Eine Möglichkeit dafür ist die automatische bildbasierte Prüfung, bei der Kameras den Zustand nach dem Fertigungs- oder Montageschritt erfassen. Ein auf die Detektion von Anomalien spezialisierter Algorithmus prüft dann, ob der Arbeitsschritt korrekt durchgeführt wurde. Wenn ja, kann im Prozess fortgeschritten werden. Wenn nein, kann der Mitarbeiter gezielt auf den Fehler hingewiesen werden und ihn beheben, bevor im Prozess fortgeschritten wird und teure Folgeschäden entstehen. Das Fraunhofer IOSB in Karlsruhe hat eine solche Situation als Auftragsforschung für die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG nach dem neuesten Stand der Wissenschaft umgesetzt. Anwendungsfall war Bilder: © Fraunhofer IOSB Sicht auf die Getriebehälften mit den verwendeten Kameras von oben.
13 die Komponentenfertigung eines Getriebes. Der Mitarbeiter bekommt dabei die beiden Hälften des Getriebes auf einem Drehteller vorgelegt (Abbildung 1 und 2). Seine Aufgabe ist, dort verschiedene Bauteile einzulegen, bevor der Drehteller die korrekt bestückten Getriebehälften zur Übergabe an einen Roboter fährt. In die eine Getriebehälfte muss der Mitarbeiter eine Einstellscheibe und eine Flächendichtung einlegen, in der anderen Hälfte 18 Bohrungen mit je einer Schraube bestücken. Zwei weitere Bohrungen, die in derselben Ebene liegen und sich optisch kaum von den 18 anderen unterscheiden, müssen unbedingt unbestückt bleiben, da hier der Roboterarm im nächsten Prozessschritt die Getriebehälfte greift. Mögliche Fehler sind also, Einstellscheibe, Flächendichtung oder Schauben nicht einzulegen bzw. Schrauben fälschlicherweise in eine der nicht dafür vorgesehenen Bohrungen einzulegen. Solche Fehler verursachen hohe Folgekosten und Maschinenstillstände. Ziel für das Prüfsystem des Fraunhofer IOSB war es, solche Fehler zu erkennen. Es kommt zum Einsatz, nachdem der Mitarbeiter die Bauteile eingelegt und über die SPS das Kommando für den nächsten Prozessschritt (Übergabe an Roboter) gegeben hat. Das automatische Verfahren prüft vor der Übergabe anhand von Senkrechtbildern der Getriebehälften, ob die Bauteile korrekt platziert wurden (Prüfergebnis „i.O.“ für „in Ordnung“). Ist das nicht der Fall (Prüfergebnis „N.i.O.“ für „Nicht in Ordnung“), werden die Prüfergebnisse per SPS an das Anlagensystem weitergeleitet und es werden dem Mitarbeiter die Anomalien angezeigt, so dass er die Fehler beheben kann. Bei der Kameraanordnung und Datenverarbeitung wurden die strengen Regelungen von Porsche zum Schutz personenbezogener Daten durch das Fraunhofer-System vollständig eingehalten. Das zugrundeliegende Verfahren zur Anomaliedetektion basiert auf einem Modell für Maschinelles Lernen, dem sogenannten Patchcore-Modell. Dieses Modell führt eine Ein-Klassen-Klassifikation durch („1-class classifier“), es lernt nur die Klasse „Keine Anomalie vorhanden“. Dafür präsentiert man dem Verfahren in der Trainingsphase ausschließlich Positiv-Beispiele der Prüfsituation – im vorliegenden Fall also nur Bilder der beiden Getriebeteile mit jeweils korrekter Bestückung. Das Verfahren lernt also nur, wie der Soll-Zustand aussieht. Der große Vorteil hiervon ist, dass man oft einfach Positiv-Beispiele aus dem Regelbetrieb zur Verfügung hat, da die Mitarbeiter normalerweise korrekt arbeiten. Anomalien-Beispiele kommen selten vor und wären daher deutlich teurer zu beschaffen. Im Einsatz produziert das eingelernte Patchcore-Modell dann für jedes vorgelegte Bild einen Anomalie-Score sowie eine Heatmap, die alle Bereiche markiert, in denen eine Anomalie detektiert wurde. Wie bei allen Klassifikationsentscheidungen kann es vorkommen, dass diese falsch ausfallen. Das passiert oft dann, wenn die vorliegende Situation nahe an der Entscheidungsgrenze liegt. Um beispielsweise bei der Ausbildung von Mitarbeitern in der Qualitätskontrolle eine Entscheidungsgrenze zu kommunizieren, nutzen Unternehmen sogenannte Grenzmuster: Die Mitarbeiter bekommen Objekte oder Bilder davon, die gerade noch als intakt zu bewerten sind und solche, die schon als nicht intakt zu bewerten sind. In Grenzfällen ist der Mitarbeiter gefordert, sich für eine der Bewertungsklassen zu entscheiden. Die automatische Entscheidung des Prüfverfahrens nutzt ebenfalls eine Entscheidungsgrenze, die je nach Anwendungsfall individuell angepasst wird. Wie beim Menschen kann es vorkommen, dass das automatische Verfahren falsch negativ keine Anomalie detektiert, die doch eine ist („Pseudo i.O.“), bzw. falsch positiv eine Anomalie detektiert, die keine ist („Pseudo N.i.O.“). Beide sind zu vermeiden. Denn ein „Pseudo i.O.“ zieht ein fehlerhaftes Getriebe mit Folgekosten im Prozess und Maschinenstillstand nach sich. Und ein „Pseudo N.i.O.“ bedeutet Zeitverzögerung für den Mitarbeiter, der unnötigerweise eine korrekte Bestückung nochmals überprüfen muss. Um die Einsetzbarkeit und den Nutzen des Verfahrens aufzuzeigen, hat das Fraunhofer IOSB bei Porsche einen Aufbau an der Fertigungslinie realisiert. Über jeder Getriebehälfte hängt je eine Kamera. Wenn der Mitarbeiter nach vollendeter Bestückung den Taster für die Übergabe an den Roboter drückt, machen beide Kameras je eine Aufnahme, die dann vom Prüfsystem analysiert wird. Ist das Klassifikationsergebnis „i.O.“ (keine Anomalie), erfolgt die Übergabe. Ist das Klassifikationsergebnis „N.i.O.“ (Anomalie), bekommt der Mitarbeiter den Hinweis nachzubessern. Um das Potenzial des Verfahrens aufzuzeigen, lief es zwei Wochen lang im Hintergrund während der Arbeitsschichten. Für die Mitarbeiter an der Fertigungslinie änderte sich nichts am Status Quo, da die Hinweis-Funktion unseres Systems für das Klassifikationsergebnis „N.i.O.“ nicht aktiv geschaltet war. Für eine attestierte Brauchbarkeit war seitens der Porsche AG vorgegeben, dass die Pseudo-N.i.O.-Rate bei maximal einem Prozent liegen müsse. Denn eine höhere Rate würde die Tätigkeit der Mitarbeiter zu sehr verzögern und das Vertrauen und infolge auch die Akzeptanz in das automatische Verfahren unterminieren. Die Analyse der etwa 1.000 aufgezeichneten Bilder jeder Getriebehälfte ergab folgendes Ergebnis. Der Fall eines „Pseudo i.O.“ (eine nicht entdeckte Anomalie) kam gar nicht vor. Es wurden zwei N.i.O.-Fälle entdeckt, in denen einmal eine Schraube nicht bestückt und einmal eine Schraube in eine unerlaubte Bohrung bestückt wurde. Die Pseudo-N.i.O.-Rate betrug für die Bestückung mit Schrauben und für das Einlegen der Einstellscheibe 0,2 Prozent. Damit wurde die Vorgabe von maximal einem Prozent Pseudo-N.i.O.-Rate deutlich übertroffen und die Brauchbarkeit des Prüfsystems nachgewiesen. Fraunhofer IOSB www.iosb.fraunhofer.de Abteilung Human-AI Interaction https://t1p.de/rosoe Gesamtansicht der Fertigungsstation mit Getriebehälften und Kameras an der Deckenkonstruktion.
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15 IT und Automotive SAP EWM und TM: Lager und Transport 4.0 Von Sebastian Keilhacker, Senior Managing Consultant und Maximilian Schmidt, Senior Logistics Consultant, beide CONSILIO Im SAP-Ökosystem werden klassische Module zunehmend durch innovative Lösungen ersetzt – auch die Logistik- und Lagerprozesse sind betroffen. Mit der Ankündigung von SAP WM und LE-TRA stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Systeme zukunftssicher aufzustellen. Dieser Artikel zeigt, wie der Umstieg gelingt. Die offiziellen Ablaufdaten für SAP WM (Ende R/3-Support 2027) und LE-TRA (Ende 2030) machen deutlich: Unternehmen müssen ihre Lager- und Transportprozesse neu ausrichten. Die Optionen heißen Stock Room Management (STRM), Extended Warehouse Management (EWM) und SAP Transportation Management (TM). Wer frühzeitig handelt, vermeidet unnötige Kosten und sichert effiziente Abläufe – trotz knapper SAP-Beraterressourcen und komplexer Prozesslandschaften. STRM oder EWM? Entscheidungshilfe für das Lager Mit dem Auslaufen von SAP WM stehen zwei Alternativen zur Verfügung: Stock Room Management (STRM) STRM ist eine abgespeckte Version von WM, wartbar bis 2040 und mit einer S/4HANA-Enterprise-Lizenz nutzbar. Es bietet Basisfunktionen wie Bestandsführung, Ein-/Auslagerung, Inventur und mobile Datenerfassung. Bestehende Eigenentwicklungen bleiben nutzbar – ideal für stabile, einfache Prozesse. Allerdings: STRM erhält nur Wartungsupdates, keine funktionalen Erweiterungen. Extended Warehouse Management (EWM) EWM ist ein modernes Lagerverwaltungssystem mit präzisen Prozessen. Als Embedded-Variante in S/4HANA unterscheidet sich die Lizenzierung zwischen Basic und Advanced. Die dezentrale Version ist ausschließlich als Advanced verfügbar. Während die logistischen Kernprozesse identisch sind, bietet die Advanced-Variante zusätzliche Funktionen wie bspw. Materialflusssteuerung, WIP-Management und Arbeits- management. TM als Nachfolger von LE-TRA Das Transportmodul LE-TRA wird bis 2030 abgelöst. SAP empfiehlt den Umstieg auf TM, das leistungsstarke Funktionen und, dank Fiori-Apps, eine nutzerfreundliche Oberfläche bietet. Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, individuelle Logistik-Prozesse in TM abzubilden. TM verfolgte ursprünglich allein das Prinzip „Transportation-Driven Planning“ (Transportplanung erfolgt vor der Lagerausführung), während viele bestehende Prozesse jedoch auf „Execution-Driven Planning“ (Transportplanung erfolgt nach der Lagerausführung) basieren. Inzwischen geht beides. Strategische Optionen für die Integration Option 1: EWM kann Transportfunktionen wie Transporteinheiten oder Yard Management übernehmen, ist jedoch in der Planung weniger effizient und bietet keine Frachtkostenabrechnung. Die Nutzung der EWM-Transportfunktionen fordern eine Advanced-Lizenz. Option 2: TM ist flexibler. Das „Advanced Shipping and Receiving“ (ASR)-Modell vereinfacht die Integration von TM und EWM durch ein harmonisiertes Datenmodell mit dem TM-Frachtauftrag als zentralem Element. Fiori- und RF-Apps ermöglichen Lageraktivitäten direkt im Frachtauftrag, unterstützen beide Planungsszenarien und bieten anpassbare Cockpit-Layouts – auch für Basic TM (eingeschränkte Nutzung). Fazit Der Wechsel von WM und LE-TRA auf EWM und TM ist unausweichlich und erfordert eine fundierte, zügige Planung. Unternehmen sollten auf erfahrene Partner wie CONSILIO setzen, die über tiefgehende Expertise in der SAP-Logistik verfügen und den Übergang effizient begleiten können. www.consilio-gmbh.de Grafik: © CONSILIO Advanced Shipping and Receiving (ASR): Durch die erweiterte Warenannahme und den Versandprozess ergeben sich neue gestalterische Möglichkeiten dank einer vereinfachten Kommunikation zwischen TM und EWM.
DIAGNOSE- UND TESTLÖSUNGEN BY SOFTING
17 IT und Automotive Schluss mit Papierkram: Warum Ihr Unternehmen jetzt auf E-Rechnung setzen sollte Von Hermann Schäfer, Chief Sales & Marketing Officer bei DocuWare In der schnelllebigen Geschäftswelt von heute stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Abläufe zu optimieren, Kosten zu senken und nachhaltiger zu arbeiten. Die digitale Rechnungsstellung ist dabei eine Schlüsseltechnologie, die diesen Wandel unterstützt. Der Schritt weg vom Papier hin zur E-Rechnung eröffnet eine Fülle von Vorteilen: gesteigerte Effizienz, schnellere Bearbeitung, weniger Fehler und größere Umweltfreundlichkeit. Warum also jetzt auf E-Rechnung umstellen? Vorteile der digitalen Rechnungsstellung Die digitale Rechnungsverarbeitung bietet zahlreiche Vorteile, besonders in Kombination mit einem Dokumentenmanagementsystem (DMS) wie DocuWare. Freigabeprozesse werden erheblich beschleunigt – Rechnungen können rasch geprüft und direkt im System freigegeben werden. Ferner haben Mitarbeitende jederzeit und von überall Zugriff auf alle Rechnungen – ein Must-have für flexible Arbeitsmodelle. Ein weiteres Plus: Verlorene Belege gehören damit der Vergangenheit an. Alle Dokumente und Informationen werden zentral gespeichert und können schnell und einfach gefunden werden. Das erhöht nicht nur die Effizienz, sondern sorgt auch für eine höhere Transparenz und die Einhaltung von Compliance-Richtlinien im Unternehmen. Durch die lückenlose Doku- mentation sämtlicher Bearbeitungsschritte werden die Nachvollziehbarkeit und Revisionssicherheit der Rechnungsverarbeitung gewährleistet. Die Kostenersparnis durch das Einsetzen einer digitalen Rechnungsverarbeitung ist für Unternehmen ein weiterer attraktiver Vorteil. Manuelle Arbeitsschritte entfallen, Archive werden digital und Skontofristen bleiben jederzeit im Blick. Auch das Thema Sicherheit ist für Unternehmen unerlässlich. Moderne DMS-Systeme bieten hier Abhilfe und schützen vor Datenverlust, unberechtigtem Zugriff und Manipulation und tragen somit zur Sicherung sensibler Unternehmensdaten bei. Gesetzliche Anforderungen und Compliance Ob auf Papier oder digital: Belege müssen vollständig, nachvollziehbar und unveränderbar aufbewahrt werden. Laut Handelsgesetzbuch (§ 257 HGB) und Abgabenordnung (§ 147 AO) beträgt die Aufbewahrungspflicht derzeit 8 Jahre (Stand 2025). Die GoBD konkretisieren die Anforderungen an digitale Buchführungsunterlagen – sie müssen jederzeit verfügbar und nachträglich unveränderbar sein. Eine Verfahrensdokumentation soll festhalten, wie digitale Belege erfasst, verarbeitet und gespeichert werden. Ein Dokumentenmanagementsystem erfüllt diese Anforderungen automatisch, protokolliert alle Änderungen und sorgt für die revisionssichere Archivierung der Originale. Elektronische Signaturen und Zeitstempel bieten zusätzliche Sicherheit, die Echtheit und Unversehrtheit der Dokumente nachzuweisen. Der Weg zur digitalen Transformation Rechnungen zu digitalisieren, lohnt sich also – und das schon jetzt: Prozesse werden schneller, transparenter und effizienter, ganz unabhängig von der Unternehmensgröße. Mit der schrittweisen Einführung der E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich führt ohnehin kein Weg mehr daran vorbei. Doch die Digitalisierung ist mehr als nur die Umstellung auf elektronische Rechnungen. Sie legt die Grundlage für automatisierte Prozesse, höhere Datensicherheit und schlanke Workflows: ein klarer Wettbewerbsvorteil für Unternehmen jeder Größe. Wer jetzt aktiv wird, erfüllt also nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern ist auch den entscheidenden Schritt voraus – dank effizienten, zukunftssicheren Prozessen, die mit den Anforderungen stetig weiterwachsen. Erfahren Sie mehr über die Umstellung auf die E-Rechnung: https://hubs.li/Q03C6vkm0 Bild/Grafik: © DocuWare Hermann Schäfer
18 Industry Infrastructure Life Science Public Service Gegründet: 1983 Mitarbeitende: > 300 Stammsitz: Bubenreuth Standorte: Dortmund, Buchs, Thessaloniki infoteam Software AG Am Bauhof 9 | 91088 Bubenreuth | Deutschland Telefon: +49 9131 78 00-0 |Telefax: +49 9131 78 00-50 info@infoteam.de | www.infoteam.de für mehr Effizienz durch KI & Digitalisierung.
19 IT und Automotive Teststrategie neu gedacht Shift-Left und Durchgängigkeit in der Fahrzeugentwicklung schaffen Von Astrid Schmidt, Communication Manager Press & PR, IPG Automotive GmbH Die Fahrzeugentwicklung durchläuft einen grundlegenden Wandel. Durch softwaredefinierte Fahrzeuge, automatisiertes Fahren und Over-the-Air-Updates werden klassische Prozesse, die bislang stark hardwaregetrieben waren, zunehmend durch virtuelle, flexible und skalierbare Ansätze ersetzt. Gleichzeitig steigen die Erwartungen an Effizienz und Qualität. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, hochkomplexe Systeme zuverlässig zu testen und abzusichern – und das in kürzester Zeit. Hier setzt IPG Automotive mit einer durchgängigen und skalierbaren Teststrategie an. Sie schafft eine methodische Grundlage für Prozessoptimierung, erhöht die Wiederverwendbarkeit von Testkomponenten und ermöglicht agile Entwicklungsmodelle. Die Transformation zu einem integrierten, virtuellen Testansatz ist Voraussetzung, um heutigen Marktdynamiken standzuhalten. Shift-Left: Komplexität früh beherrschen Tests, die bislang vor allem mit realen Prototypen auf System- und Gesamtfahrzeugebene in späten Entwicklungsphasen stattfanden, werden mittels Virtualisierung gezielt in frühere Phasen verlagert, in denen noch keine realen Prototypen zur Verfügung stehen. Durch diesen Shift-Left können Testaufwände früher adressiert, Iterationen beschleunigt und potenzielle Fehlerquellen bereits vor der physischen Absicherung erkannt werden. Diese Verlagerung beschleunigt Freigabeprozesse, minimiert Risiken und senkt die Entwicklungskosten signifikant. Die erhöhte Testfrequenz – ermöglicht durch Simulation, die rund um die Uhr, in mehrfacher Echtzeit und parallel in der Cloud durchgeführt werden kann – führt zu robusterer Software und höherer Qualität: Ein klarer Wettbewerbsvorteil in dynamischen Märkten. Durchgängigkeit: Vom virtuellen Fahrzeug bis zur Straße Eine moderne, durchgängige Teststrategie berücksichtigt alle Testdomänen – von Model-in-the-Loop (MIL), über Software- (SIL), Hardware- (HIL), bis Vehicle-inthe-Loop (VIL). Ob in der Cloud, in einem auf den Anwendungsfall zugeschnittenen Prüfstand oder im realen Fahrversuch: Übergänge zwischen den Teststufen sind fließend und ermöglichen eine nahtlose Integration, die Wiederverwendbarkeit von Modellen und Szenarien ist gewährleistet. Diese Durchgängigkeit erhöht die Effizienz sowie die Nachvollziehbar- und Vergleichbarkeit: Testdaten, Szenarien, Bewertungskriterien und Ergebnisse können entlang des gesamten Entwicklungsprozesses genutzt, angepasst und dokumentiert werden – ohne redundante Aufwände oder Brüche zwischen den Domänen. Virtuelle Prototypen und konsistente Szenarien für maximale Effizienz Herzstück der Strategie ist der Einsatz virtueller Prototypen in Kombination mit wiederverwendbaren, konsistenten Testszenarien und -modellen. Diese können über alle Entwicklungsphasen hinweg eingesetzt werden und sichern so Durchgängigkeit und Vertrauen in die Ergebnisse. Eine konsistente Toolkette und durchgängiges Daten- und Workflowmanagement stellen sicher, dass Testinhalte und Simulationsmodelle in jeder Umgebung genutzt werden können. Sie schaffen die Basis für nahtlose Integration, effiziente Zusammenarbeit und hohe Qualität der virtuellen Fahrzeugentwicklung. Das Ergebnis: kürzere Entwicklungszyklen bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung. Mit seinen End-to-End-Simulationslösungen bietet IPG Automotive einen zukunftssicheren Ansatz zur Transformation der Fahrzeugentwicklung. Eine durchdachte Teststrategie mit Fokus auf Shift-Left und Virtualisierung, gepaart mit durchgängigen Toolketten, formt aus fragmentierten Entwicklungs- und Absicherungsschritten einen ganzheitlichen, skalierbaren Entwicklungs- und Absicherungsprozess. Virtualisierung wird zur treibenden Kraft für Qualität, Effizienz und Geschwindigkeit und tragenden Säule moderner Fahrzeugentwicklung. www.ipg-automotive.com Grafik: © IPG Automotive Mit seinen durchgängigen Simulationslösungen bietet IPG Automotive einen zukunftssicheren Ansatz zur Transformation der Fahrzeugentwicklung.
20 IT und Automotive Aftersales-Diagnose im Wandel Herausforderung Werkstattlösung mit Software-basierten Fahrzeugen – SOVD im Einsatz Von Oliwier Sochor, Produktmanager für Aftersales-Diagnose bei Softing Automotive Electronics GmbH In modernen Fahrzeugen werden Komfort, Sicherheit und Effizienz zunehmend durch Software definiert. Bedingt durch den steigenden Softwareanteil im Fahrzeug geht der Trend klar in Richtung High-Performance Computer (HPC), die die notwendige Rechenleistung zur Verfügung stellen und als Integrationsplattform für eingesparte Steuergeräte dienen. Diese technologische Evolution verändert nicht nur das Fahrzeug selbst, sondern auch die Anforderungen an die Diagnose. Mit SOVD (Service Oriented Vehicle Diagnostics) liegt ein neuer Standard vor, der eine einheitliche Kommunikationsschnittstelle zwischen Fahrzeug und externen Diagnosesystemen definiert. Softing TDX bietet die passende Lösung, um mit der neuen Systemarchitektur Schritt zu halten und den Wandel im Aftersales erfolgreich zu begleiten. SOVD – Der Diagnosestandard für Software-definierte Fahrzeuge Der SOVD-Standard beschreibt eine serviceorientierte Programmierschnittstelle (API) für ein im Fahrzeug integriertes Diagnosesystem. Der dort auf einem HPC laufende SOVD-Server stellt standardisierte Diagnosefunktionen bereit, die von einem Werkstatttester angesteuert werden können. SOVD reduziert die Schnittstellenkomplexität massiv und schafft die Basis für einheitliche Prozesse über den gesamten Fahrzeuglebenszyklus. Dabei können verschiedene Anwendungsfälle adressiert werden: y Vor-Ort-Diagnose am Fahrzeug (Pro- ximity) y Remote-Zugriff, z. B. für den Experten- support aus Technikzentren y In-Vehicle-Diagnose, z. B. zur konti- nuierlichen Zustandsüberwachung (Vehicle Health State) Grafik: © Softing Automotive Electronics GmbH Standardisierter Fahrzeugzugriff: Proximity, Remote, In-Vehicle Diagnose bleibt Kernaufgabe – verändert sich aber grundlegend Klassische Diagnoseaufgaben wie Fehlerspeicher-Auslesen, Software-Updates, Parametrierungen oder Inbetriebnahmen gehören auch bei der serviceorientierten Diagnose zum Standardrepertoire. Mit SOVD ändert sich jedoch die DiagnoseArchitektur grundlegend: GUI, Business Logic und alle reparatur- und wartungsrelevanten Inhalte (z. B. Anleitungen, Videos, Lageranbindung) verbleiben im Tester. Auch die Anbindung an Administrationssysteme (z. B. Lagerlogistik, Rechnungsstellung) werden weiter über den Tester abgehandelt. Zum Webinar
21 Das Diagnosesystem samt Abläufen (OTX), Diagnosekommunikation (ODX) und Protokollbehandlung (D-PDU API) verlagert sich in das Fahrzeug. SOVD liefert das API für ein derartiges System. Da ein SOVDServer in einem Fahrzeug unterschiedliche Verbauvarianten abbilden muss und Diagnosefunktionen während eines Fahrzeuglebens Änderungen unterliegen, ist eine Parametrierung über Konfigurationsdaten sehr effizient. In der Praxis erlaubt die Weiterverwendung der Diagnosedaten aus der Steuergeräteentwicklung das einfachste Release-Handling. Die Integration von weiteren Informationsquellen, wie anderen HPC oder intelligenten Sensoren, ist auf diesem Weg ebenfalls möglich. Die Tester-Entwicklung verändert sich folglich grundlegend: Der Tester setzt künftig auf vorhandene Abläufe im Fahrzeug auf – statt die Steuergerätekommunikation frei zu definieren. Die Werkstattdiagnose muss also bereits in der Fahrzeugentwicklung klar definiert sein, um die richtigen Diagnoseaufgaben im SOVD-Server zu integrieren. Die Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Aftersales wird deutlich enger. SOVD bringt Dynamik – Neue Anforderungen an Datenprozesse und Variantenmanagement Mit der Einführung von SOVD verändern sich Update-Prozesse grundlegend: Neben den Steuergeräten muss auch der im Fahrzeug integrierte Diagnoseteil (SOVD-Server) regelmäßig aktualisiert und parametriert werden. Änderungen einzelner Komponenten wirken sich dabei häufig direkt auf die Diagnosefähigkeit aus. Bei parallelen Software-Updates sind deshalb smarte Rollback-Strategien unerlässlich. Ein großer Vorteil: Alle Diagnoseinformationen werden im Fahrzeug vorgehalten – die Verteilung von ODX-Daten entfällt. Gleichzeitig führt die Trennung von Tester und Diagnosesystem zu einer wachsenden Variantenvielfalt. Unterschiedliche Softwarestände und Parametrierungen auf beiden Seiten erzeugen zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten im Feld. Damit die Diagnose trotz steigender Systemkomplexität effizient und zukunftssicher bleibt, ist ein durchdachtes Variantenmanagement notwendig: y Standardisierte Parametrierungsvor- gaben helfen, Rückgabedaten zu verein- heitlichen. y Dynamische Diagnoseabläufe ermöglichen es, zur Laufzeit fahrzeugspezifische Funktionalitäten abzufragen und flexibel darauf zu reagieren. y Gezielte Versionswechsel sollten sauber geplant und umgesetzt werden, z. B. mit einer automatischen Umschaltlogik im Tester, um Kompatibilität zu gewährleisten. y Ein robustes Konfigurationsmanagement sorgt für Klarheit, welche Tester- und Fahrzeugvarianten miteinander harmonieren. Softing TDX vereint die alte und neue Diagnose-Welt Da bestehende Flotten klassische ODX/ UDS-basierte Systeme nutzen, während neue Fahrzeuge neben Übernahmesteuergeräten bereits auf SOVD aufsetzen, wird die Werkstattrealität noch zwei Jahrzehnte hybrid bleiben. Es braucht folglich eine Aftersales-Lösung, welche die neue und alte Welt abbilden kann. Genau hier setzt Softing TDX an. Die Toolkette besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: y Softing TDX.studio Erstellung von Diagnoseabläufen, GUIs und Businesslogik y Softing TDX.server Cloudbasierte Verwaltung von Software-Versionen, Diagnosedaten und -inhalten, Rollen und Rechte sowie Lizenzen, Rückführung von Diagnosedaten und Informationen aus dem Feld y Softing TDX.workshop Anwendung in der Werkstatt Um den Hybridansatz zu unterstützen, existiert in Softing TDX.workshop unterhalb der Business Logic neben dem integrierten Diagnosesystem (Softing SDE) ein Adapter. Dieser ermöglicht die Integration verschiedener Remote-Diagnosesysteme. Der Ansatz ist bereits bewährt, da mit Softing SDE ein Diagnosesystem schon heute in Fahrzeugen eingesetzt wird. Verschiedene Varianten und Diagnosesysteme können im Adapter abstrahiert werden, so dass in der Business Logic nur geringe Anpassungen notwendig sind. Bestehende Softwareanteile sind dadurch bei Anpassungen durch neue Fahrzeuge nicht betroffen, was die Freigaben erheblich erleichtert. Die Zukunft ist serviceorientiert – und hybrid Die Aftersales-Diagnose verändert sich grundlegend. Mit SOVD halten IT-nahe Konzepte Einzug ins Fahrzeug – und ermöglichen neue, serviceorientierte Anwendungen. Softing TDX liefert die passende Technologie, um diesen Wandel erfolgreich zu meistern: praxiserprobt, hybrid, cloudfähig. Für Werkstätten bedeutet das noch effizientere Reparatur- und Wartungsprozesse – heute und in Zukunft. LinkedIn EJOT SE & Co. KG Market Unit Industry Im Herrengarten 1 D-57319 Bad Berleburg Telefon: +49 2751 529-0 industrie@ejot.com www.ejot.de/industrie EJOT bringt Bauteile, Komponenten und Produkte zusammen. In der Automobil- und Zulieferindustrie, der Telekommunikations- und Unterhaltungselektronik sowie im Baugewerbe schaffen wir Verbindungslösungen auf höchstem qualitativem Niveau. Mit innovativen Verbindungselementen, insbesondere gewindefurchenden Schrauben für Metalle und Kunststoffe, mit multifunktionalen Kaltformteilen, individuellen Metall-Kunststoff-Baugruppen, mit technischen Kunststoffteilen, verbindungstechnischen Speziallösungen und mit digitalen Services sorgen wir dafür, dass unsere Kunden bei EJOT viel mehr als nur eine Schraube kaufen. EJOT bringt Unternehmen zusammen. Gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern entwickeln wir Ideen für individuelle Verbindungslösungen – von der initialen Planung über die Serienproduktion bis hin zum Rundum-Service. Internationale Standorte auf drei Kontinenten sorgen für die optimale Nähe zu unseren Kunden und erzeugen so ein globales Netzwerk. Mit Kooperationen öffnen wir uns für neue Formen der Zusammenarbeit und externe Impulse, die unsere Lösungen besser und unsere Kunden erfolgreicher machen. EJOT bringt Menschen zusammen. 4.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 48 Ländern arbeiten täglich gemeinsam daran, unsere Kunden bei ihren Verbindungs-, Befestigungs- und ProduktionsAufgaben optimal zu unterstützen. Dabei verlieren wir den fairen Umgang miteinander, nachhaltiges Wirtschaften und regionale Verantwortung nicht aus dem Auge. Als mittelständisches und familiengeführtes Unternehmen legen wir Wert auf eine offene und transparente Unternehmenskultur, bei der Mitarbeitende und Management voneinander profitieren. Firmenprofil
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