Der Gedanke des Philosophen Heraklit ist zweieinhalb Jahrtausende alt: „Panta rhei“, alles fließt, bewegt sich fort und nichts bleibt – eine ziemlich genaue Beschreibung der Situation, in der sich Unternehmen heute befinden.

Wussten Sie, dass wir in revolutionären Zeiten leben? Um uns herum passiert gerade die digitale Revolution, ohne dass wir uns darüber Gedanken machen. Wir sind kein bisschen verwundert, wenn große Industriekonzerne von Internet-Startups vor sich her getrieben werden. Und gleichzeitig ist uns nicht bewusst, dass die damit verbundenen Erschütterungen – wie bei Revolutionen üblich – sehr tief gehen. Technologisch leben wir längst im digitalen Zeitalter. Die Frage ist, ob wir dort auch in unseren Köpfen angekommen sind.

Die Veränderungen gehen tief

Man ist leicht versucht, diese Frage zu unterschätzen. Wir haben schließlich überhaupt kein Problem damit, digitale Werkzeuge zu nutzen. Und gleichzeitig fällt auch nicht weiter auf, wie schnell sich die Welt verändert hat und wie umfangreich die Änderungen sind. Manchmal wird man aber doch damit konfrontiert, und zwar vor allem da, wo dieser Wandel nicht nur passiert, sondern aktiv mitgestaltet wird. Wo Veränderungen Althergebrachtes in Frage stellen und wo man sich auf unbekanntes Terrain vorwagt. Genau das ist aber die Situation, in der sich Unternehmen heute befinden. Der digitale Wandel ist in vollem Gang, und mit den neuen technologischen Möglichkeiten werden auch die Karten komplett neu gemischt.

Big Data, künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge – all dies eröffnet Unternehmen vollkommen neue Möglichkeiten. Was zugleich bedeutet, dass man mit Veränderungen umgehen muss, die tief in die Substanz gehen. Digitale Lösungen sind kein Upgrade im üblichen Sinn. Mit ihnen halten neue Arbeitskonzepte Einzug in die Unternehmen. Kreativität, Agilität und Selbstverwirklichung werden zu bestimmenden Faktoren unserer Arbeit. Und das wiederum hat enorme Auswirkungen auf die gesamte Organisation und die Unternehmenskultur. Nicht zuletzt sorgen derart tiefgreifende Veränderungen auch für Verunsicherung. Und das kann ganze Projekte zum Scheitern bringen.

Technologie ist nicht alles

Technologische Entwicklungen treiben den digitalen Wandel an – sie sind aber kein Selbstzweck. Technologie muss den Menschen dienen, die sie einsetzen. Und es sind die Menschen in den Unternehmen, die den digitalen Wandel vollziehen. Ihre Kreativität, ihre Leidenschaft ist dasjenige, was digitale Werkzeuge erst stark macht. Gleichzeitig sollte man nicht vergessen, dass auch Verunsicherung ein zutiefst menschlicher Aspekt ist. Viele fühlen sich überfordert oder haben sogar Angst davor, in einem neuen Arbeitsumfeld nicht mehr zurechtzukommen. Wenn die digitale Transformation erfolgreich sein soll, darf man diese Ängste nicht klein reden oder gar ignorieren.

Es ist offensichtlich, dass der technologische Wandel Teil eines größeren Zusammenhanges ist. Technologie und neue Business-Modelle können nur funktionieren, wenn man sich der kulturellen Erschütterung bewusst wird, die damit einhergeht. Die Digitalisierung ist in erster Linie eine Frage der Einstellung – ein Bekenntnis zu einem Begriff von Arbeit, der die Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das bedeutet, dass die digitale Transformation ihrem Wesen nach kein technologisches, sondern ein kulturelles Projekt ist. Die Menschen, die den Wandel vorantreiben, sind keine bloßen Ressourcen. Sie sind lebendige und kreative Wesen mit eigenen Zielen, Wünschen und Begabungen.

Die Grenzen klassischer Beratung

Womit die zentrale Herausforderung bei digitalen Transformationsprojekten benannt ist: Man muss die Menschen inspirieren. Das ist nicht trivial, denn immerhin geht es um tiefgreifende Veränderungen. Hierarchien werden aufgebrochen, Altbekanntes wird über den Haufen geworfen, viele werden aus ihrer Komfortzone heraus müssen. Aber es gibt nicht nur Widerstände: Man kann sich auch darauf verlassen, dass Menschen neugierig sind und das Bedürfnis haben, sich persönlich an einer wichtigen und zukunftsweisenden Sache zu beteiligen.

Klassische Consulting-Ansätze, die sich projektbezogen auf die Implementierung von neuen Technologien und die Schulung der Anwender konzentrieren, stoßen hier an ihre Grenzen. Der digitale Wandel ist nicht einfach nur ein zusätzliches Projekt oder ein Problem, das es zu lösen gilt. Er ist das, was mit allen Unternehmen passiert. So wie auch alle Unternehmen irgendwann elektrifiziert wurden. Das heißt nicht, dass sich ab sofort jeder neu erfinden muss. Es geht vielmehr darum, Unternehmen dabei zu helfen, sich selbst neu zu entdecken.

Wandel als Teil der Unternehmenskultur

Das bedeutet auch, dass man Consulting neu denken muss. Die digitale Transformation der Unternehmen erfordert ein ganzheitliches „Customer Strategy Management“, in dem Technologie, eine positive Zukunftsvision, die Weiterentwicklung der eigenen Geschäftsmodelle und der kulturelle Wandel ineinandergreifen. Vor allem muss man sicherstellen, dass die gesamte Organisation die beteiligten Menschen dabei unterstützt, ihre Kreativität und ihre besonderen Begabungen zur Entfaltung zu bringen.

Die Rolle der Berater verändert sich dabei fundamental. Ihre Aufgabe besteht nicht primär darin, technologische oder organisatorische Veränderungen zu implementieren. Consultants müssen Wege aufzeigen, wie man die Veränderung selbst zu einem integralen Bestandteil der Unternehmenskultur macht. Keine einfache Aufgabe, denn der digitale Wandel ist – wie alle tiefgreifenden Veränderungen – auch ein schmerzhafter Prozess. Aber wenn man es schafft, den beteiligten Menschen plausibel zu machen, warum sich diese Anstrengung lohnt, wird man überrascht sein, wie viel kreative Energie man damit freisetzt.