IT Sicherheit wird derzeit intensiv diskutiert wie nie zuvor. Die jüngsten Entwicklungen zeigen auf, dass Unternehmen mehr denn je gefordert sind, ihre Sicherheitsstandards zu überprüfen und zu optimieren. Auch das Hosting in der Cloud wird nun wieder mehr in Frage gestellt. Wie sicher sind die Daten darin wirklich? Wir sprachen mit Tania Hüngsberg-Cengil, Geschäftsführerin des EDI Experten HÜNGSBERG GmbH.

Frau Hüngsberg-Cengil, Ihr Unternehmen bietet EDI-Lösungen sowohl On-Premises als auch aus der Cloud an. Inwiefern halten Sie In-House-EDI-Systeme für ein auslaufendes Modell? Ist zu erwarten, dass, trotz der aktuellen Situation, Cloud-Lösungen bald On-Premises weitestgehend ablösen werden?

Tania Hüngsberg-Cengil:  Diese Annahme würde ich nicht uneingeschränkt unterstützen. Der Trend in der Branche zeigt zwar eindeutig eine Verschiebung hin zu Cloud-Lösungen, jedoch stellen wir fest, dass Neukunden weiterhin Interesse an On-Premises-Systemen haben, aber neun von zehn Anfragen enden schlussendlich in einer Entscheidung für Cloud-Lösungen.

Aus meiner Sicht könnte sich die aktuelle geopolitische Situation zugunsten von On-Premises Lösungen auswirken bzw. deren Nachfrage wieder verstärken. Wobei die Cloud gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) sowie IT-Abteilungen eine noch wichtigere Rolle spielen wird, nicht zuletzt aufgrund des starken Trends zur Digitalisierung und dem entsprechend hohen Bedarf an flexiblen IT-Ressourcen.

Sind diese Vorbehalte Ihrer Meinung nach gerechtfertigt?

Tania Hüngsberg-Cengil:  Die Sicherheitsbedenken sind absolut nachvollziehbar, gerade in dieser Zeit, jedoch bieten moderne Cloud-Systeme ein hohes Maß an Sicherheit. Alle großen OEMs sind in der Cloud, da sie darin den effizienteren Ansatz sehen.

Es gibt zwar einige Kommunikationspartner, die aufgrund von Datensensibilität auf On-Premises-Systemen bestehen, doch dies ist heutzutage eher die Ausnahme.

Auch zögern Unternehmen, die aktuell On-Premises nutzen, häufig, auf Cloud-Lösungen umzusteigen. In diesen Unternehmen befinden sich dann meist langjährige Mitarbeiter oder eben EDI Verantwortliche, die noch über das notwendige Fachwissen verfügen, um On-Premises-Lösungen zu betreuen.

Wo sehen Sie die Vorteile von On-Premises-Systemen?

Tania Hüngsberg-Cengil: Ein wesentlicher Vorteil von On-Premises-Lösungen liegt in der Flexibilität, die sie bieten. Bei OFTP2 Partner Einrichtungen beispielsweise ist der Kunde dann nicht auf uns angewiesen.

Allerdings erfordert der Betrieb und die Wartung von On-Premises-Systemen eben ein hohes Maß an Fachwissen, das innerhalb des Unternehmens vorhanden sein muss. Während einige Unternehmen über qualifiziertes Personal verfügen, um ihre EDI-Lösungen intern zu betreuen, zeigt unsere Erfahrung, dass die Mehrheit der On-Premises-Kunden inzwischen nicht mehr dazu in der Lage ist, ihre Systeme selbstständig einzurichten. Viele von ihnen wenden sich stattdessen an uns, um die Einrichtung ihrer Partnerverbindungen vorzunehmen.

Welchen Einfluss hat diese Marktentwicklung auf Ihre Produktstrategie?

Tania Hüngsberg-Cengil: Diese Entwicklung hat uns dazu veranlasst, unsere Dienstleistungen und Produkte gezielt auf die Bedürfnisse unserer Kunden auszurichten, denn auch deren ERP Systeme gehen überwiegend in die Cloud.  Wir haben alle erforderlichen Services etabliert, um sicherzustellen, dass unsere Kunden ihre HÜNGSBERG EDI Lösung nahtlos in die Cloud migrieren können.

Unternehmen konzentrieren sich heute bevorzugt auf ihr Kerngeschäft, während die Komplexität und Dynamik der EDI-Technologien aber ein zunehmend professionelles Management erfordert. In der Folge macht es absolut Sinn, erfahrene Experten mit der Implementierung und dem Betrieb von EDI-Systemen zu beauftragen.

Die Tendenz spricht klar für die Cloud; dieser Wandel ist bereits erkennbar.

Welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um größtmögliche Sicherheit bei der Nutzung von Cloud-Lösungen zu gewährleisten?

Tania Hüngsberg-Cengil: Ich empfehle, einen deutschen Cloud-Anbieter oder einen Anbieter mit einer deutschen Cloud zu wählen. Schließlich bieten alle großen Cloud-Anbieter die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Rechenzentrumsstandorten – sei es in Deutschland, Europa oder den USA – zu wählen.

Unser Unternehmen setzt ausschließlich auf eine deutsche Cloud. Unser clearDAX-System wird in einem deutschen Rechenzentrum betrieben, das gemäß BSI 27001 zertifiziert ist, was ein äußerst hohes Maß an Sicherheit gewährleistet.

Zudem wurde HÜNGSBERG nun im Rahmen des TISAX (Trusted Information Security Assessment Exchange) Verfahrens bewertet. Als Automotive EDI-Experte der ersten Stunde ist es für uns selbstverständlich, die höchsten Standards in der Informationssicherheit einzuhalten. Damit gewährleisten wir, dass die Vertraulichkeit und Integrität der Daten unserer Geschäftspartner stets höchste Priorität haben. Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass ihre Informationen bei uns sicher verarbeitet werden.

Was sind die entscheidenden Vorteile von EDI-Lösungen aus der Cloud?

Tania Hüngsberg-Cengil: Die Vorteile einer cloudbasierten EDI-Lösung sind eindeutig. Zum einen entfällt die Notwendigkeit, eine eigene Infrastruktur aufzubauen; es genügt, eine Verbindung zum Cloud-Anbieter herzustellen – dies kann über SFTP, Web Services oder APIs erfolgen, wobei SFTP die einfachste und schnellste Option ist.

Die Cloud-Infrastruktur im EDI-Bereich verbleibt unsichtbar, da sie im Hintergrund operiert.

Dennoch möchten die meisten Kunden die erfolgreiche Übertragung ihrer Daten nachvollziehen; hierfür stellen wir ihnen einen „Just Look“-Login für den ClearDAX-Server bereit. Über unsere Transaktionsübersicht können sie den Datenaustausch und alle relevanten Prozessdetails einsehen, etwa hinsichtlich Konvertierung oder Splitting. Diese Transparenz gibt den Kunden Sicherheit, wenn sie die grünen Statusanzeigen sehen!

Lizenzkosten entfallen, stattdessen fallen laufende Gebühren für die Cloud-Nutzung an. Die Kunden müssen keine eigene Infrastruktur wie für On-Premises Systeme bereitstellen und benötigen für Updates oder für den Austausch von Zertifikaten, die für den Datenaustausch erforderlich sind, kein internes Fachpersonal mehr. Auch das Monitoring des Systems obliegt nicht mehr dem Kunden, sondern dem Systemanbieter, der sich ebenfalls um die Datensicherung kümmert. Die IT Abteilung der Kunden wird also enorm entlastet.

Im Falle kleinerer Supportanfragen beispielsweise koordinieren wir diese umgehend, etwa wenn der BMW-Server kurzfristig nicht erreichbar ist. Viele unserer clearDAX-Kunden kommunizieren regelmäßig mit BMW, und wir kümmern uns um die Problemlösung ohne zusätzliche Kosten für den Kunden.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die Verfügbarkeit: Cloud-Systeme bieten im Allgemeinen eine garantierte Verfügbarkeit von 99,9 Prozent. Oft ist es die Serverstruktur beim Kunden, die beim Einsatz von On-Premises Systemen zu Problemen führt; beispielsweise müssen Kunden regelmäßig ihre Datenbanken bereinigen, da überfüllte Server keine neuen Daten verarbeiten können. Das kann bei Cloud Systemen nicht passieren.

Im Gegensatz dazu können wir im Cloud-Bereich stets ausreichende Speicherkapazität bereitstellen. Bei einem Update unseres Clearing-Servers informieren wir alle angebundenen Partner im Voraus über die anstehende Wartung.

Ein entscheidender Vorteil der Clearing-Lösung ist die proaktive Kommunikation bei Updates. Bei anstehenden Aktualisierungen informieren wir automatisch alle angebundenen Partner, sodass diese umgehend Bescheid wissen, sollte es zu Problemen kommen. Im Gegensatz dazu müssen On-Premises-Kunden ihren Partnern selbstständig mitteilen, dass es zu Störungen kommen könnte.

Ein wichtiger Punkt ist auch das umfassende Monitoring. Bei einem Update müssen die Kunden bei On-Premises-Systemen selbst prüfen, ob alles funktioniert, während wir bei Clearing-Lösungen diese Überwachung direkt übernehmen. Bei festgestellten Problemen können wir sofort eingreifen und Lösungen anbieten.

Die Clearing-Lösung bietet somit ein rundum sorglos Paket für den Kunden. Sollte eine Änderung des Mappings oder eine Umkonfiguration erforderlich sein, initiieren wir den Kontakt und informieren den Kunden über erforderliche Dienstleistungen.

Im Gegensatz zu On-Premises-Systemen, bei denen der Kunde oft selbst evaluieren und uns beauftragen muss, übernehmen wir im Cloud-Bereich diese Evaluierung. Wir überwachen kontinuierlich die Datenübertragung und reagieren sofort im Falle eines Fehlers. Dies schafft entscheidende Vorteile, da wir sofortige Unterstützung bieten können, ohne auf eine Anfrage des Kunden warten zu müssen.

Ein weiterer Aspekt ist der Zeitverlust, der bei On-Premises-Systemen entstehen kann. Wenn ein Kunde ein Ticket eröffnet, könnte er gerade in einem Meeting sein und muss erst Zugang zu seinem System gewähren, was die Lösung eines Problems verzögern kann. Bei der Clearing-Lösung können wir hingegen schnell und effizient reagieren, was besonders wichtig ist, um potenzielle negative Folgen wie Vertragsstrafen zu vermeiden.

Denken Sie, dass die Cloud On-Premises-Lösungen in näherer Zukunft gänzlich ablösen wird?

Tania Hüngsberg-Cengil: Die Cloud-Lösung stellt in der modernen EDI-Welt ein umfassendes Serviceangebot dar, das Kunden einen hohen Komfort bietet. Im Wesentlichen verbleiben lediglich Anpassungen und Änderungen des Mappings im Verantwortungsbereich des Kunden. Wir evaluieren proaktiv, ob Änderungen erforderlich sind – dies entlastet den Kunden erheblich.

Im Vergleich dazu haben Kunden von On-Premises-Systemen keine ständige Einsicht in ihre Systeme. Dies kann zu Zeitverlusten führen, insbesondere wenn es um die Reaktion auf technische Störungen geht. Bei Clearing-Lösungen sind wir in der Lage, schnell zu reagieren und die Fehler umgehend zu beheben, was für den Kunden von enormer Wichtigkeit ist, um potenzielle Sanktionen und Probleme zu vermeiden.

Aus meiner Sicht wird sich die Nachfrage vor allem nach komplett im Inland gehosteten EDI Cloud Lösungen weiter verstärken, was auch meine Empfehlung an Unternehmen, die sich gegen On-Premises Systeme entscheiden, ist.

Ds Gespräch führte Birgit Aigner für OEM&Lieferant.

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