„Deutschland auf der Verliererstraße“ titelte die FAZ im Juli 2023. Hohe Energiepreise und steigende Zinsen belasten insbesondere das Geschäft der deutschen Industrie. An Wachstum sei im zweiten Halbjahr 2023 nicht zu denken. Und dabei handelt es sich nicht um eine Einzelmeinung. In einer Umfrage des Allensbach-Instituts unter deutschen Führungskräften zeigten sich 61 Prozent besorgt um die Gefahr einer Deindustrialisierung Deutschlands. 53 Prozent waren der Auffassung, Deutschland habe seinen Zenit überschritten. Unabhängig davon, ob man darin nur übertriebene Kassandra-Rufe zu erkennen glaubt – die Fakten sprechen für sich und unsere Industrie droht in eine gefährliche Schieflage zu geraten.

Nahezu in allen internationalen Rankings findet sich der Wirtschaftsstandort Deutschland bestenfalls noch im Mittelfeld. Hohe Energiekosten und Steuern, eine unzureichende Infrastruktur und zu lange bürokratische Genehmigungsprozesse sind die Hauptkritikpunkte. Die USA mit ihrer „Inflation Reduction Act“ liefern derzeit die Blaupause aktiver Standortpolitik und sorgen dafür, dass Investitionen zunehmend aus Europa umgeleitet werden. Um zu verhindern, dass Standortentscheidungen immer häufiger gegen den Standort Deutschland fallen, hat Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, von den politischen Entscheidungsträgern gefordert, bessere steuerliche Rahmenbedingungen für Investitionen am Standort Deutschland zu schaffen. Es bedürfe eines Steuerreformpaketes mit Investitionsprämien, da die Automobilwirtschaft auf Anreize für Investitionen in den Klimaschutz angewiesen sei.

Und in der Tat, es gibt einiges zu verteilen. Sowohl deutsche OEM`s als auch Zulieferer planen für den Zeitraum 2023 bis 2027 weltweit mehr als 250 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung zu investieren. Der inhaltliche Schwerpunkt dieses Investitionsvolumens liegt nach wie vor auf der Transformation mit den Segmenten Elektromobilität einschließlich Batterietechnik, autonomes Fahren und Digitalisierung. Zu den Investitionen für Forschung und Entwicklung kommen weitere 130 Milliarden Euro, die hauptsächlich in Produktionsanlagen und Fabrikausrüstungen fließen werden. Die deutsche bzw. europäische Politik muss sich dem internationalen Wettbewerb mit den USA und China stellen und wettbewerbsfähige, investitions- und innovationsbegünstigende Rahmenbedingungen schaffen. Gelingt dies nicht werden sich die Unternehmen im globalen Wettbewerb dahin orientieren, wo sie sich die besseren Zukunftschancen versprechen.

Dass die deutsche Automobilindustrie und insbesondere die Zulieferbranche das Potenzial dazu hat, auch künftig im weltweiten Wettbewerb eine herausragende Rolle zu spielen hat sie in der Vergangenheit vielfach bewiesen. Neue Produkte und Verfahren, die künftigen Mobilitätsanforderungen entsprechen, wurden marktfähig entwickelt. Rückstände wie in der Batteriezellenentwicklung und -produktion werden mit Hochdruck aufgeholt – auch am Standort Deutschland.

Einen Einblick in den Stand dieser Entwicklung gewähren beispielhaft die Beiträge in dieser Ausgabe von OEM&Lieferant. Sie sind auch Beleg für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der deutschen Automobil- und Zulieferindustrie sowie ihrer Dienstleiter und Service-Unternehmen.

Unser Dank gilt allen Autorinnen und Autoren, Interviewpartnerinnen und -partnern sowie allen Anzeigenkundinnen und -kunden für die hervorragende Zusammenarbeit.

Ihre Redaktion

Elisabeth Klock & Dr. Rudolf Müller

www.oemundlieferant.de