Ein Beitrag von Anna Reitinger, ROI-EFESO Management Consulting AG, München

Die Zukunft der Mobilität ist offen. Eine Vielzahl von dynamischen Trends und Rahmenbedingungen resultiert in unterschiedlichen Szenarien, die spezifische Ansätze erfordern. Diese Ausgangslage ist eine Herausforderung für Entscheider. Setzen sie alles auf eine Karte? Bereiten sie sich zeitgleich auf mehrere Szenarien vor? Oder halten sie – solange es geht – das Spiel offen? Alle Herangehensweisen haben Vor- und Nachteile, die es gut abzuwägen gilt.

Strategie 1: Alles auf eine Karte setzen

Das Paradebeispiel für diesen Ansatz sind Hersteller, die voll auf die Batterietechnologie setzen, dafür Ressourcen und Kompetenzen bündeln und ihre Wertschöpfung entsprechend ausrichten, etwa durch Investitionen in die Batterieproduktion. Der Verzicht auf die Technologieoffenheit ist riskant – doch die Risikokalkulation ist nachvollziehbar: Die Technologie ist stabil. In den letzten Jahren konnte viel Wissen über die Chemie der Zellen, die Beschaffung der Rohstoffe, oder die Produktionsprozesse gesammelt werden. Diese Erfahrungen können genutzt werden, um mit Elektrofahrzeugen schnell Geld zu verdienen – das dringend für die kostspielige, kaum prognostizierbare Weiterentwicklung der autonomen Mobilität, oder den Aufbau von Softwarekompetenz gebraucht wird.

Strategie 2: Technologieoffenes Spiel

Es existieren jedoch auch Ansätze, bei denen nicht alles auf den Aufbau eigener Supply Chains für batteriegetriebene Fahrzeuge gesetzt wird. Dabei wird ein wesentlicher Teil der Komponenten und des Wissens im Lieferantennetzwerk beschafft, was eine Risikostreuung ermöglicht. Im Gegenzug können Kompetenzen und Ressourcen für alternative Technologien weiter gepflegt werden – im eigenen Unternehmen oder über Beteiligungen. Diese Zukunftsoffenheit und Risikostreuung zieht jedoch unvermeidlich höhere Kosten nach sich – und birgt die Gefahr, nicht schnell und effektiv genug zu sein, wenn die Märkte sich eindeutig ausrichten.

Strategie 3: Brückentechnologien nutzen

Im Gegensatz zu den Newcomern im Feld der Elektromobilität haben die etablierten Hersteller eine Legacy – was Fluch und Segen zugleich ist. Die Nachteile liegen auf der Hand. Der Vorteil liegt in ihrer Fähigkeit, hybride Lösungen anbieten zu können – im Hinblick auf einzelne Fahrzeugtypen als auch das gesamte Fahrzeugportfolio. In den kommenden Jahren werden weiterhin mehrere Antriebstechnologien parallel existieren. Das treibt einerseits Kosten und Komplexität. Dem steht jedoch die Frage gegenüber, wie lange etwa die klassischen Verbrenner, die keinen Forschungsaufwand mehr erfordern, trotz der aktuellen Energiekrise als Cash Cow einsetzbar sind. Ebenso ist offen, ob und wenn ja, wie lange synthetische Kraftstoffe eine Rolle spielen werden, oder wie lange es dauert, bis auch der „globale Süden“ weitgehend elektrisch fährt.

Zukunftsvielfalt erfolgreich steuern

Der Umgang mit unklaren Trends, Rahmenbedingungen und strategischen Optionen erfordert den Aufbau von Szenariokompetenzen. Dabei geht es um die Fähigkeit, mögliche Zukünfte aus unterschiedlichen Perspektiven zu beschreiben und zu operationalisieren. Als positiver Nebeneffekt stellt die Entwicklung von Szenarien auch die Sensitivität, Robustheit, Resilienz und Effizienz des Unternehmens auf die Probe. Damit eine szenariobasierte Strategieentwicklung auch operativ greifen kann, müssen jedoch klare Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu zählen einerseits die Agilisierung der Organisation und eine rollierende, kurzzyklische Planung, die Strategieanpassungen ermöglicht. Andererseits gilt es zu erkennen, dass niemand sich im Alleingang auf jedes Szenario vorbereiten kann. Für die Risikostreuung und Kostenreduktion sind deshalb die gemeinsame Ideenfindung und Entwicklung, branchenübergreifende Beteiligungsmodelle, die Modularisierung und Bündelung der Ressourcen bei nicht wettbewerbsrelevanten Themen zwingend erforderlich.

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Bildunterschrift: Verbrenner, E-Motor, Brennstoffzelle oder ein ganz neuer Weg? Das Rennen um die Zukunft der Mobilität ist noch nicht entschieden.

Darstellung:

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