Die im nordrhein-westfälischen Bad Salzufflen ansässige ROLLAX Kugellagerfabrik GmbH & Co. KG ist ein mittelständisches, hoch innovatives Unternehmen, das sich als Engineering-Dienstleister nahezu aller großen Automobil-OEM`s weltweit eine hervorragende Reputation erworben hat. Das Unternehmen hat sich auf kundenspezifische Lösungen im Bereich von Speziallagern und bewegungsmechanischen Systemen konzentriert und erweitert nun mit der Kreation einer eigenen Kugellagermarke sein Leistungsspektrum.

OEM&Lieferant: Liest man die einschlägigen Publikationen zur allgemeinen Situation der Automobil- und Zulieferindustrie, gewinnt man den Eindruck, dass diese im laufenden Jahr weit hinter den Erwartungen bleiben wird. Im besten Fall drohe angesichts der Belastungen für notwendige Transformations- und Restrukturierungsmaßnahmen eine Stagnation auf niedrigem Niveau. Die Geschäftsentwicklung von ROLLAX scheint dem zu widersprechen. Sie erwarten für Ihr Unternehmen weiteres Wachstum. Was sind die Gründe?

Jens Meinck: Wir als ROLLAX GmbH & Co. KG sind in der glücklichen Lage, über eine sehr gute Auftragslage zu verfügen. Insoweit bewegen wir uns gegen den Branchentrend und befinden uns weiterhin auf Wachstumskurs. Gründe für diese positive Entwicklung sind unsere breite Kundenstruktur, weltweite Präsenz mit unseren Werken in China und Mexiko, ein erfolgreiches Neukundengeschäft und die Tatsache, dass wir mit unseren maßgeschneiderten Lösungen sowohl im Bereich klassischer Antriebstechnologien als auch im Bereich von E-Mobilität / New Mobility tätig sind.

OEM&Lieferant: Sie planen, mit einer eigenen Kugellagermarke auf den Markt zu gehen. Bedeutet dies eine Änderung Ihres Geschäftsmodells und was sind die Hintergründe dieser Portfolioerweiterung?

Jens Meinck: In der Tat werden wir auf der kommenden Hannover Messe verkünden, dass wir zusammen mit unserem chinesischen Partner eine eigene Kugellagermarke auf den Markt bringen werden. Dies stellt jedoch keine Veränderung unseres erfolgreichen und von unseren Kunden geschätzten Geschäftsmodells dar. Wir verbessern vielmehr unsere Wettbewerbssituation gegenüber größeren Wettbewerbern, indem wir unsere Angebotsportfolio um klassische Kugellager und deren Modifikationen erweitern.

OEM&Lieferant: Verlassen Sie mit der neuen Marke Ihre bisher so erfolgreiche Marktnische zwischen reinem Engineering-Dienstleistern und ausschließlichem Teilelieferanten und verschiebt sich das Schwergewicht Ihres Geschäftsmodells hin zum Zulieferer der Automobilindustrie?

Jens Meinck: Ein ganz klares „nein“. Mit der Aufnahme der Lieferoption klassischer Standartkugellager verlassen wir unsere Marktpositionierung nicht. Wir sehen darin vielmehr eine Stärkung des bestehenden Geschäftsmodells und kein eigenständiges Geschäft.

OEM&Lieferant: In Deutschland wird vielfach von einer zunehmenden De-Industrialisierung durch Produktionsverlagerungen ins Ausland gesprochen. ROLLAX verfügt über Produktionsstandorte in Deutschland aber auch in China und in Mexiko. Folgen Sie mit dieser Standortstrategie dieser Tendenz oder ist dies ein Reflex auf die globale Ausrichtung Ihrer Kunden?

Jens Meinck: Es gibt keine Planung, Deutschland als Produktionsstandort zu verlassen. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Kundenstruktur der Automobilindustrie global ist und bleibt. Für uns gilt der Grundsatz „Made by Rollax“. Das heißt, dass die wesentlichen Beratungsleistungen in Deutschland verbleiben, wir aber aus unseren internationalen Standorten nach den jeweiligen Kundenanforderungen Produktionsleistungen erbringen.  Damit sichern Zuwächse an den internationalen Standorten auch die Beschäftigung im Inland.

OEM&Lieferant: Die Transformation hin zur E-Mobilität stellt die Industrie mit ihren Entwicklungsbereichen immer wieder vor neue technologische Herausforderungen. Ein neuer technologischer Schwerpunkt Ihrer Aktivitäten setzt sich mit Fragen strom-isolierender und strom-leitender Lager auseinander. Welche Bedeutung hat dies für E-getriebene Fahrzeuge und worin bestehen die besonderen technischen Herausforderungen?

Jens Meinck: Eine der wesentlichen technologischen Herausforderungen ist die Beherrschung von Lagerströmen. Lagerströme sind kein neues Phänomen, aber aufgrund des zunehmenden Einsatzes von Frequenzumrichtern in modernen, drehzahlgeregelten Antrieben gewinnt das Thema immer mehr an Bedeutung. Lagerströme treten auf, wenn in den Rotor und die Welle des Motors induzierte Spannungen über die Lager entladen werden. Infolge spaltet die Elektrizität Öle und zerstört dadurch den Schmierfilm. Die Elektroerosion schädigt die Oberfläche und es kommt zur Riffelbildung und zur Bildung von Mikrokratern. Dem kann abgeholfen werden entweder durch stromisolierende Kugellager oder Lager, die den Strom gezielt ableiten, sogenannte Shunt-Lager. Ein besonderer Einsatzfall ist unter anderem die Ableitung von Kriechströmen in der Lenksäule. Das ROLLAX NVH-Lager stellt eine gute und kostengünstige Erweiterung zu den derzeit auf dem Markt erhältlichen strom-isolierenden Lagern dar.

Herr Meinck, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Dr. Rudolf Müller, freier Journalist.