Die Direktverschraubung, bei der eine Schraube ihr Muttergewinde selbst erzeugt, stellt insbesondere für hochbeanspruchte Verbindungen eine wirtschaftliche und prozesssichere Alternative dar. Begrenzt wird der Anwendungsbereich durch die maximale Festigkeit der Schraubenspitze, die sich beim Gewindefurchen nicht plastisch verformen darf.

Um die Härte einer Furchspitze bei den üblicherweise als Schraubenwerkstoff verwendeten niedriglegierten Kohlenstoffstählen zu erhöhen, werden verschiedene Verfestigungsmechanismen miteinander kombiniert. Zum einen wird die maximale Härte durch den Kohlenstoffgehalt im Werkstoff beeinflusst, der möglichst hoch sein sollte. Ein solcher Zustand kann in den Gewindeflanken durch eine sogenannte Aufkohlung eingestellt werden, bei der der Kohlenstoff während der Wärmebehandlung in die Oberfläche eindiffundiert. Zum anderen kann der Werkstoff in der Schraubenspitze induktiv gehärtet werden. Verzichtet man dann auf ein anschließendes Tempern, auch bei galvanischen Verfahren, wirkt sich die erzielte Spitzenhärte vorteilhaft auf den Schraubprozess aus.

Auf ein nachträgliches Tempern kann jedoch nur verzichtet werden, wenn das Gefüge im Kopf- und Tragbereich der Schraube völlig unempfindlich gegen Wasserstoffversprödung ist. Die Schraubenspitze wird nur beim Eindrehen kurzzeitig belastet, so dass ein verzögerter Wasserstoffsprödigkeitsbruch ausgeschlossen ist, sofern die Spitze im weiteren Gebrauch nicht oder nur geringfügig mechanisch belastet wird.

Es gibt tatsächlich einen hochfesten Gefügezustand, der sehr unempfindlich gegen Wasserstoffeinfluss ist. Es handelt sich dabei um ein einsatzbainitisches Gefüge, das erzeugt werden kann, indem die Schraube bei der Wärmebehandlung zunächst einer kohlenstoffangereicherten Atmosphäre ausgesetzt und anschließend mit Hilfe eines Salzbades so abgekühlt wird, dass sich über den Querschnitt ein bainitisches Gefüge ausbildet, wobei die Parameter so gewählt werden, dass die Festigkeit der Schraube im Kopf- und Tragbereich bei etwa 1000 MPa liegt.

Es konnte gezeigt werden, dass ein solches Gefüge selbst unmittelbar nach wasserstoffbeladenen galvanischen Prozessen (z. B. einer Verzinkung) unter zerstörender langsamer mechanischer Prüfung noch ein duktiles Bruchverhalten aufweist, während eine Schraube nach klassischer 10.9-Wärmebehandlung unter gleichen Bedingungen Wasserstoffversprödung zeigt. Daher kann eine Schraube, die im ersten Schritt einsatzbainitiert und im zweiten Schritt induktiv gehärtet wird, genau die eingangs gestellten Anforderungen an eine besonders harte Furchspitze erfüllen, ohne dass die Gefahr einer Wasserstoffversprödung besteht.

So kann die EJOT Dünnblechschraube SHEETtracs®, hergestellt nach diesem sogenannten MAXXtip® Materialkonzept, hervorragend in höchstfeste Bleche mit Festigkeiten bis 1500 MPa gewindefurchend eingeschraubt werden. Dabei ist lediglich darauf zu achten, dass die Furchspitze immer vollständig durchgeschraubt wird. Damit erschließt sich ein breites Anwendungsspektrum, das bei crashrelevanten Automobilbauteilen eine sichere Verbindung ermöglicht, die später zum Recycling wieder nachhaltig demontiert werden kann. Beispiele hierfür sind Stoßfänger, Verstärkungen an der B-Säule oder auch Sitzstrukturen, an denen Anbauteile verschraubt werden sollen.

Für die Verschraubung dickerer Bleche oder in Sacklöchern kann dieses Materialkonzept auch auf die sogenannte Spiralform® Schraube übertragen werden. Diese Schraube benötigt dann eine Einschraubtiefe, die eine spätere starke Beanspruchung der Furchspitze ausschließt. Dies wird erreicht, indem die Schraubenlänge aus der Summe der Klemmteildicken, der Länge des induktiv gehärteten Bereiches und der Länge des 1,5-fachen Schraubendurchmessers berechnet wird. Damit ist eine sichere Anwendung des genannten Schraubenkonzeptes möglich.

Auch in Stahlgusswerkstoffen kann eine solche Schraube gewindefurchend eingesetzt werden. Hierbei müssen in die Gusslöcher nicht mehr für die Verschraubung Gewinde vorgebohrt werden, so dass bei geeigneter Geometrie direkt in präparierte Löcher verschraubt werden kann. Dadurch können sowohl Werkzeuge als auch Prozessschritte nachhaltig eingespart werden.

Durch diese einzigartige Kombination verschiedener Wärmebehandlungsverfahren entsteht ein neuartiger Schraubentyp, der neben einem gegenüber Wasserstoffversprödung völlig unempfindlichen Kopf- und Schaftbereich eine besonders harte und beständige Furchspitze aufweist, die den Anwendungsbereich der Direktverschraubung bis hin zu ultrahochfesten Stählen und Stahlgusswerkstoffen prozesssicher erweitert. Mit dem MAXXtip® Materialkonzept ist es damit auch möglich, hochfeste Schrauben mit einer galvanischen Oberfläche (z. B. Zn oder ZnNi) zu versehen, ohne in sonst kritischen Anwendungen der Gefahr einer verzögerten Wasserstoffversprödung ausgesetzt zu sein.

MAXXtip® auf einen Blick:

  • Prozesssichere Direktverschraubung in ultrahochfeste Stähle und Stahlguss
  • Kein Risiko der Wasserstoffversprödung – auch bei galvanischen Oberflächen
  • Demontierbare Verbindung – ausgezeichnete Wiederverwertbarkeit

Bild: EJOT SE & Co. KG

Bildunterschrift: Potenzielle Anwendungsfelder der MAXXtip® Schrauben im Automobilbereich