Die Agilität ist seit einigen Jahren ein viel diskutiertes Thema: Meist wird ein Loblied auf sie gesungen, mitunter wird sie als überschätzter Hype abgetan. Doch mittlerweile berichten viele Unternehmen, mit agilem Arbeitsansatz wirtschaftlich erfolgreicher zu sein als mit den althergebrachten starren Strukturen. Insbesondere die IT-Branche scheint von der agilen Arbeitsweise zu profitieren. Doch wie gelingt der Umstieg in die agile Arbeitswelt?

Von Felix Rüppel, Solution Consultant SCM bei CONSILIO GmbH

Agil sein bedeutet ein Überdenken der gewohnten Arbeitsweisen. Um agiles Arbeiten zu ermöglichen, genügt es nicht, agile Methoden innerhalb einzelner Abteilungen anzuwenden. Vielmehr bedarf es einer durchgängigen Unternehmenskultur, die ein agiles Handeln zulässt. Im Gegensatz zum klassischen Projektmanagement in einer Top-Down-Organisation arbeiten agile Teams dynamisch auf ein definiertes Projektziel zu. Voraussetzungen dafür sind Eigenverantwortung, Fehlerkultur, Offenheit und Transparenz. Sind sie gegeben, wird das Team schneller, flexibler, oft qualitativ besser und hat gute Chancen, erfolgreicher als klassische Projektteams zu sein. Lebt das ganze Unternehmen die Agilität, ist es in der Lage, flexibel und zeitnah auf komplexe Probleme zu reagieren. Die Digitalisierung der Welt, der schnelle Wandel auf dem Markt und nicht zuletzt die Corona-Pandemie haben deutlich gezeigt, wie existenziell schnelle Anpassungsfähigkeit sein kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass auch in einem Unternehmen, das sich Agilität auf die Fahne geschrieben hat, Aufgaben gibt, die nicht für die Nutzung agiler Methoden geeignet sind. Eine Orientierung zur Auswahl eines geeigneten Vorgehens bietet z. B. die Stacey Matrix:

Der Wandel im Unternehmen kann von oben (top-down), aber auch von unten (bottom-up) initiert werden. John P. Kotter, Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School stellte fest, dass bei Veränderungsprozessen mindestens 75 Prozent der Unternehmensführung diese unterstützen müssen. Kommt die Vorgabe von oben, müssen die Mitarbeiter überzeugt werden. Bis dahin kann es ein langer und steiniger Weg sein.

Die Mitarbeiter sind die treibende Kraft des agilen Ansatzes. Der Umstieg auf Agilität kann deshalb nur gelingen, wenn Mitarbeiter auf allen Ebenen ihn auch wollen. Hier gilt es also, sie davon zu überzeugen, dass der Change auch in ihrem Sinne ist und nicht nur für das Unternehmen einen wirtschaftlichen Nutzen bringt. Mit folgenden Tipps sollte es gelingen:

  • Training: Nicht nur eine Fallstudie bei LEGO hat gezeigt, dass die Vermittlung von agilen Arbeitsweisen und Methoden als grundlegend anzusehen ist. Hierbei sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass die Mitarbeiter nicht überlastet werden und ausreichend Zeit bekommen, die Veränderung zu verarbeiten.
  • Positive Fehlerkultur: Einführung der agilen Arbeitsweise bedeutet für den Mitarbeiter die Umstrukturierung seiner Arbeit. Die Aufgaben sollen anders erledigt werden als in den letzten 20 Jahren, die er vielleicht im Unternehmen ist. Da ist es nur logisch, dass der Mitarbeiter Angst vor Veränderung hat. Mit einer positiven Fehlerkultur werden dem Mitarbeiter die Zweifel genommen. Diese bedeutet, die Fehlerursache zu beheben, statt nach einem Schuldigen zu suchen. Im Vordergrund steht die Frage „Warum ist das so passiert?“ statt „Wer hat´s verbockt?“. Für eine positive Fehlerkultur müssen die Führungskräfte sorgen, indem sie selbst Fehler zugeben, öfter um Rat bitten und aktiv beim Mitarbeiter nachfragen, welche Werkzeuge nötig sind, um den Fehler zukünftig zu vermeiden.
  • Messbare Erfolge: Spätestens, wenn der Mitarbeiter bemerkt, dass er oder sein Team mit den agilen Methoden erfolgreicher ist, dürfte er von diesem Ansatz überzeugt sein. Überlegen Sie hier, wie Sie die Produktivität mit geeigneten Kennzahlen messen können. Flache Hierarchien sorgen für eine schnelle und pragmatische Umsetzung. In diesem Zusammenhang ist auch der nächste Aspekt – die Kommunikation – sehr wichtig.
  • Starke Kommunikation: Auch in der agilen Welt müssen gewisse Schritte von definierten Verantwortlichen genehmigt werden. Bleiben Sie im engen Kontakt mit Ihren Mitarbeitern, lassen Sie sie nicht auf den wöchentlichen Jour Fixe warten, damit sie ihr Anliegen vortragen können. Dazu gehört auch, sich gegenseitig auf Augenhöhe zu begegnen, sowohl unter Kollegen als auch mit dem Chef.
  • Transparenz schaffen: Wissen, was der Kollege tut, um wertvolle Informationen und Denkanstöße zu bekommen und nicht zuletzt redundante Aufgaben rechtzeitig aufzudecken und keine doppelte Arbeit zu machen.
  • Eigenverantwortung: Ein nicht gleich einleuchtender, dennoch einer der wichtigen Aspekte, die die Mitarbeiter motivieren. Wenn dem Mitarbeiter die Verantwortung übertragen wird, signalisiert das Unternehmen Vertrauen. Wird die Eigenverantwortung im Einklang mit der positiven Fehlerkultur gelebt, identifiziert sich der Mitarbeiter mehr mit dem Unternehmen und ist motivierter, seine Aufgabe erfolgreich zu erledigen. In flachen Hierarchien sind alle Mitarbeiter gleichwertig.

Wie die Studie der Hochschule Koblenz zeigt, wird die Erfolgsquote von agilen Ansätzen weiterhin höher als die von klassischen Projektmanagementmethoden angesehen.

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