Ob angenehmeres Einsteigen mit selbsttätig öffnenden Türen oder die flexible Nutzung des Innenraums in wechselnden Fahrsituationen: Neue Mobilitätserlebnisse werden erst durch das intelligente Zusammenspiel vieler Komponenten im Auto realisierbar. Brose hat eine Software entwickelt, die Funktionen im Fahrzeug miteinander verknüpft und steuert. Das schafft mehr Komfort für Nutzer und macht neue Geschäftsmodelle möglich.
Die Mobilität der Zukunft ist so vielfältig wie die Ansprüche, die Menschen an sie stellen. Der Wunsch nach mehr Individualisierung und Komfort – natürlich ohne Abstriche bei der Sicherheit – eröffnet Brose neue Geschäftspotenziale. Mit seiner Kompetenz in den Bereichen Fahrzeugzugang, flexibles Interieur, Thermalmanagement sowie Verbrauchs- und Emissionsreduzierung ist das Unternehmen gut aufgestellt, um neue Funktionen mit Mehrwert für Nutzer und Umwelt zu gestalten. Zum Beispiel ermöglichen eine Vielzahl vernetzter Verstellelemente und flexiblere Nutzerkonfigurationen eine einfachere Bedienung und neue Fahrerlebnisse. Dafür hat Brose die Software „BRAIN – Brose Access and Interior Network“ entwickelt. Je nach Elektronik-Architektur des Fahrzeugs wird sie auf einer oder mehreren zentralen Recheneinheiten installiert, die sowohl Komponenten des Unternehmens als auch Produkte von Drittanbietern steuern können.
Der Fahrzeughersteller oder die Nutzer selbst legen mit einem Konfigurations-Tool fest, wie sich Komfortfunktionen des Autos in verschiedenen Situationen verhalten sollen. Anschließend übersetzt BRAIN diese Wünsche in Steuersignale und koordiniert die Bewegung der beteiligten Komponenten. Neue Funktionen lassen sich schnell und einfach ergänzen. Dank der Anbindung an die Cloud können individuelle Einstellungen automatisch auf neue Fahrzeuge übertragen werden, zum Beispiel beim Car-Sharing. So werden auch neue Geschäftsmodelle möglich, bei denen der Nutzer zusätzliche Funktionen dauerhaft („Add-on“) oder zeitlich begrenzt („Pay-per-use“) buchen kann – zum Beispiel eine belebende Rückenmassage.
Fünf Fragen an Christoph Maag, Leiter Elektronik Brose Gruppe
Welche Faktoren beeinflussen die Mobilität der Zukunft?
Automatisiertes Fahren, Elektrifizierung und Vernetzung sowie Shared Mobility verändern die Art, wie wir uns von A nach B bewegen und auch, was wir währenddessen tun. Arbeiten, entspannen oder doch selbst fahren – diese und andere Möglichkeiten haben eines gemeinsam: Die Gestaltung und damit die Flexibilität des Innenraums werden wichtiger. Neue Software-Architekturen bieten zudem die Chance, die Interaktion mit und den Zugang zum Fahrzeug weiterzuentwickeln. Wir werden Fahrzeuge nicht nur anders nutzen, sondern Mobilität neu erleben. Für die Fahrzeughersteller ist dies umso wichtiger, da bei Elektrofahrzeugen der Antrieb als Differenzierungsmerkmal in Zukunft an Bedeutung verliert.
Wie ist die Vision von Brose für solche neuen Mobilitätserlebnisse?
Stellen Sie sich folgende Situation beim Einsteigen vor: Das Auto begrüßt Sie mit Projektionen in der Scheibe. Es zeigt Ihnen an, welche Termine Sie haben, wohin Sie müssen, wie lange die Fahrt dauern wird, wo freie Ladesäulen sind etc. Während die Tür sich selbsttätig öffnet, positionieren sich Lenkrad und Sitz für ein bequemeres Einsteigen. Anschließend stellt sich der nach Ihren Wünschen vortemperierte Innenraum so ein, wie Sie es gerne haben. Unsere Vision ist es, im Fahrzeug vorhandene Komponenten wie Seitentürantriebe, elektrisch verstellbare Sitze, Klimatisierung oder Infotainment mithilfe von Software zu vernetzen, um zusätzlichen Nutzen für Endkunden zu schaffen. Künftige Mobilitätserlebnisse werden sich also auch durch ein deutliches Plus an Individualisierung und Komfort auszeichnen.
Welche Ihrer Komponenten und Systeme sind dafür besonders wichtig?
Grundlage sind unsere mechatronischen Systeme für Fahrzeugzugang und Innenraum. Realisiert wird die Vernetzung erst mit intelligenter Elektronik, also Sensorik und Software. Unsere Radarsensoren ermöglichen beispielsweise einen Kollisionsschutz für selbsttätig öffnende Seitentüren und überwachen den Fahrzeuginnenraum. Unserer Software BRAIN kommt die Hauptaufgabe zu. Sie ist der Integrator. Sie vernetzt die einzelnen Komponenten zu intelligenten Gesamtsystemen. Sie wertet Sensordaten aus, steuert und koordiniert einzelne Komponenten und Verstellungen. Die Software kann außerdem neue, digitale Geschäftsmodelle ermöglichen. Insgesamt arbeiten bei Brose in den Bereichen Elektronik und Software bereits mehr als 1000 Beschäftigte. Diese Zahl wird in den kommenden Jahren noch deutlich steigen.
Beschränkt sich die Vernetzung auf die Brose Komponenten im Fahrzeug?
Eindeutig nein. Wir wollen eine Plattform anbieten, auf der über standardisierte Schnittstellen auch Komponenten von Dritten eingebunden werden können. Ein Fahrzeug, das Sie erkennt, könnte nach einem langen Arbeitstag Ihre Lieblingsmusik spielen, die Innenbeleuchtung anpassen und die Massagefunktion im Sitz aktivieren. Der Vorteil von softwarebasierten Funktionen ist, dass sie jederzeit aus der Cloud aufs Fahrzeug heruntergeladen werden können.
Mobilität neu zu erleben heißt zunächst, Mobilität neu zu denken. Woher stammen die Ideen für solche Anwendungsfälle?
Wir beschäftigen uns intensiv damit, wie Menschen die Zeit im Fahrzeug nutzen möchten, beziehungsweise welche Probleme sich im Alltag ergeben. Denken Sie an den Möbelkauf. Bislang laden Sie im Geschäft Pakete auf den Einkaufswagen. Am Parkplatz angekommen, müssen Sie im Regen die Rückbank umklappen, Seitentüren öffnen um den Vordersitz zu verschieben etc., um dann zu merken, dass Ihr Einkauf keinen Platz im Fahrzeug findet. Die Lösung dieses Problems ist eine „Möbelhaus-App“. Schon im Geschäft vermisst Ihr Smartphone die eingekauften Gegenstände. Intelligente Software von Brose ermittelt aus den Sensor-Signalen, ob genügend Platz im Auto vorhanden ist. Zurück am Fahrzeug haben Sitze und Konsolen sich bereits voreingestellt und eine optimale Ladefläche geschaffen. Der Nutzer kann die Gegenstände direkt verstauen. Mit unserem Systemverständnis können wir dieses Kundenerlebnis in naher Zukunft möglich machen.
Autor: Christian Hößbacher-Blum, Kommunikation & Marketing Brose Gruppe