Führungskräftemarkt im Wandel
Authentizität, Empathie und Leidenschaft sind die drei Grundwerte, die das Handeln der Plocher Executive Find GmbH aus Stuttgart bestimmen. Bestens vernetzt vor allem in der Automobil- und Zulieferindustrie und mit einer mehr als zehnjährigen Erfahrung unterstützt das Beratungsunternehmen sowohl Großunternehmen als auch mittelständische Betriebe bei der Besetzung von Fach- und Führungskräftepositionen in einem Markt, der sich wie die gesamte Automobilbranche im tiefgreifenden Wandel befindet.
Dr. Rudolf Müller, freier Journalist, sprach mit Marion Plocher, Geschäftsführende Gesellschafterin der Plocher Executive Find GmbH, Stuttgart.
Viel schlimmer hätte es kaum kommen können. Krieg in Europa, Energiekrise, Klimawandel, Wirtschaftskrise und Inflation sind die neuen Determinanten wirtschaftlichen Handelns geworden. Was heißt das für Ihre Branche?
Marion Plocher: Wenn es in meiner Branche – der Automobilindustrie – eine feste Entwicklungsgröße gibt, dann ist es die permanente Veränderung. Allerdings ist der aktuelle Transformationsprozess mit den gegebenen Rahmenbedingungen die wohl komplexeste Herausforderung und nur schwer mit Strukturveränderungen der Vergangenheit zu vergleichen. Zumal die Unternehmen schwer mit dem steigenden Fachkräftemangel belastet sind und mittlerweile weltweit um Talente im Wettbewerb stehen. Leider müssen wir gerade in dieser Phase feststellen, dass die Risikobereitschaft von Kandidaten zu einem Arbeitgeberwechsel schwindet und das Bedürfnis nach Sicherheit zunimmt. Dies gilt auch für die lokale Veränderungsbereitschaft. Insoweit wird die Kandidatensuche lokaler.
Die noch von der Wirtschaftswunderzeit geprägten Patriarchen haben das Spielfeld längst verlassen. Nun gehen langsam die Babyboomer in Rente. Was bedeutet dies für Ihre Branche und für den Führungskräftemarkt?
Marion Plocher: Zunächst einmal handelt es sich um einen notwendigen und wichtigen Generationswechsel. Die Generation, die jetzt antritt, ist jedoch in ihrer Entwicklung durch völlig andere Faktoren in ihren Werten und Vorstellungen geprägt. Globalisierung, Digitalisierung, die Durchdringung der Arbeitswelt mit IT sind normale Arbeitsbedingungen für diese Generation, die im Übrigen von einem wesentlich umfassenderen und internationalen Bildungsangebot profitieren konnte.
Jede Führungskräftegeneration hat ihr eigenes Wertegefüge im Hinblick auf Arbeits- und Lebensgestaltung. Wo liegen nach Ihren Erfahrungen die Schwerpunkte bei denjenigen, die für die Übernahme von Führungspositionen in den Startblöcken stehen?
Marion Plocher: Nach meinen Erfahrungen stehen soziale bzw. verhaltensorientierte Kompetenzen und Werthaltungen nahezu gleichbedeutend neben fachlichen Fähigkeiten. In erster Linie denke ich dabei an Empathie und Resilienz. Menschen wollen nicht nur in ihrer wirtschaftlichen Dimension als Arbeitnehmer, sondern umfassend in ihrer sozio-ökonomischen Bedürftigkeit respektiert und wertgeschätzt werden. Deshalb steht die Kommunikationsfähigkeit und -intensität ganz oben auf der Werteskala. Work-Life-Balance ist dabei kein leeres Schlagwort, sondern integrales und unverzichtbares Element von Lebens- und Arbeitswirklichkeit.
Haben unsere Unternehmen den Zeitgeist erfasst und sich selbst in die Lage versetzt, um auf geänderte Werte und Mentalitäten zu reagieren oder sind sie noch zu stark tradierten Vorstellungen verhaftet?
Marion Plocher: Leider gibt es noch zu viele Unternehmen, die an ihrer traditionellen Arbeitsmentalität festhalten. Dies ist insoweit verständlich, da sie ja der Erfolgsfaktor der Vergangenheit war. Wer jedoch erfolgreich Zukunft gestalten will, kommt nicht daran vorbei, sich international und divers aufzustellen und auch mental zu öffnen. Um langfristig Talente an sich zu binden, müssen Unternehmen verschiedene Arbeitsmodelle anbieten. Den Schwerpunkt auf monetäre Aspekte zu legen, ist dabei nicht ausreichend. Kandidaten legen heute Wert auf langfristige, visionäre Entwicklungsperspektiven, social benefits und flexible Arbeitsformen, wie mobiles Arbeiten.
Frauen in Führungspositionen – ist dies nicht längst zum Normalfall geworden oder brauchen wir wirklich eine umfassende Quote?
Marion Plocher: Leider ist es noch nicht der Normalfall – jedenfalls nicht in der Automobilindustrie. Circa 80 Prozent der Führungspositionen besetzen wir nach wie vor mit Männern. Die Quote hat teilweise Veränderungen bewirkt und sie war insofern ein Schritt in die richtige Richtung. Aber sie wird final das Problem nicht lösen. Frauen müssen selbstbewusster werden und im Auftritt ihre Stärken deutlicher vertreten. Und es muss zur DNA der Unternehmen werden, dass künftiger wirtschaftlicher Erfolg ganz entscheidend von ausgeprägten diversen Strukturen abhängt. Gerade für alleinerziehende Frauen müssen mehr geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass auch sie sich in die Arbeitsprozesse einbringen können.
Die Automobilindustrie ist im Fokus Ihres Unternehmens. Der fundamentale Transformationsprozess hin zu Elektromobilität und zum Einsatz von KI scheint insbesondere von unseren OEM`s beherrscht zu sein, wofür die breite Palette neuster Fahrzeugmodelle mit nicht-fossilen Antrieben spricht. Hält hier die Zulieferindustrie Schritt und ist sie für die erforderlichen Personalressourcen attraktiv genug?
Marion Plocher: Die Zulieferindustrie hat schon in der Vergangenheit immer wieder ihre enorme Anpassungs- und Veränderungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Dies gilt für die überwiegende Zahl der Unternehmen auch heute. Allerdings sind diese Unternehmen gegenüber den OEM`s in ihren internen Handlungsoptionen stark eingeschränkt. Sie müssen teilweise aus anderen Branchen heraus rekrutieren. Und in solchen Fällen stehen wir als HR-Business-Partner mit unserem breiten Leistungsspektrum zur Verfügung.
Der Transformationsprozess hat neue Handlungsfelder wie Energie-Management, Sustainability und Klimaneutralität, IT- und Supply Chain Security entstehen lassen, die sich auch im Anforderungsprofil von Führungskräften widerspiegeln. Sind diese Kompetenzen am Arbeitsmarkt vorhanden und leisten insbesondere unsere Universitäten und Hochschulen auf der Ausbildungsseite einen auch im internationalen Vergleich zufriedenstellenden Beitrag?
Marion Plocher: Expertise und Kompetenz in diesen Bereichen sind am Arbeitsmarkt vorhanden, aber nicht in ausreichender Maß. Das vorhandene Fachwissen beruht hierbei weniger auf einer akademischen Ausbildung, sondern viel mehr auf empirischen Erfahrungen. Unserer Universitäten haben auf diese Entwicklung bereits reagiert und Studiengänge in den Bereichen Klima und Umwelt, Energiemanagement, Nachhaltigkeit, IT- & Cyber Security sowie Digitale Transformation geschaffen.
Ein letztes Wort: Was ist Ihr Rat an junge Frauen und Männer, die vor der Übernahme von Führungspositionen stehen?
Marion Plocher: Mein Rat lautet: Bleibt euch selbst treu und damit authentisch, verbiegt euch nicht, seid emphatisch und arbeitet stets daran, als Teamplayer aufzutreten. Und etwas Geduld schadet auch nicht. Deshalb sollte man einen Schritt nach dem anderen machen.
Frau Plocher, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Quelle: OEM&Lieferant, Ausgabe I/2023
Foto: Plocher Executive GmbH
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