Liebe Leserinnen und Leser,

Von Rezession, Transformation und politischen Verwerfungen im internationalen Handelsverkehr gebeutelt, erlebt unsere Automobil- und Zulieferindustrie aktuell nicht gerade rosige Zeiten. Verwunderlich ist, dass – insbesondere in Wahlkämpfen – von verschiedenen Parteien als Lösung des Problems die Aufhebung des sogenannten Verbrennerverbots der EU gefordert wird. Aber zunächst einmal zur Terminologie: Schon der Begriff führt aufs Glatteis. Verboten wird nicht der Verbrenner. Vielmehr gilt ab 2035 ein Zulassungsverbot für Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Bestandsfahrzeuge dürfen selbstverständlich weitergefahren und auch ver- und gekauft werden. Aber auch schon das Zulassungsverbot ist Zielscheibe politischer Kritik. Es wird der Eindruck erweckt, der Wegfall des Verbrennerverbots würde alle Probleme lösen und unsere Automobilindustrie fände quasi über Nacht zu alter Stärke zurück. Diese unter Populisten beliebte Argumentation geht jedoch haarscharf an der Realität der Märkte vorbei. Tatsache ist, dass das sogenannte Verbrennerverbot kein reines EU-Phänomen ist. Auch Länder außerhalb der EU planen Zulassungsbeschränkungen für Verbrennerfahrzeuge. So planen die Nicht-EU-Länder Norwegen und das Vereinigte Königreich Beschränkungen schon ab 2025 bzw. 2030. In Kalifornien, dem wichtigsten Fahrzeugmarkt innerhalb der USA- gilt ab 2025 ein Verkaufsverbot; in Washington State bereits ab 2030 -ebenso in Indien. In der chinesischen Provinz Hainan – mit ca. 10 Millionen Einwohnern ein Markt so groß wie Belgien – gilt seit 2019 ein Verkaufsverbot für Verbrennerfahrzeuge. Darüber hinaus kontingentiert die chinesische Regierung die Produktion von Verbrennern bei ihren eigenen OEM`s – um nur einige Beispiele zu nennen.

Entsprechend haben auch alle OEM`s sowohl in Nordamerika als auch in Europa reagiert und sich strategisch darauf ausgerichtet, dass die E-Antriebe mit höchster Wahrscheinlichkeit die tragende Säule individueller Mobilität sein werden. Und nicht nur die OEM`s haben dies getan. Auch die gesamte Zulieferindustrie hat ihre Produktpalette überarbeitet und neu auf alternative, emissionsfreie Antriebe umgestellt. Es wurde in neue Anlagen, Standorte, Technologien und Produkte investiert.

Der Wegfall des Verbrennerverbots würde einer ganzen Reihe dieser Investitionsvorhaben die wirtschaftliche Grundlage entziehen und damit eine große strategische Unsicherheit erzeugen.

Was die Automobilindustrie und ihre Zulieferer brauchen, sind eindeutige, klare, transparente und vor allem langfristige Rahmenbedingungen. Vorgaben mit einer Halbwertzeit von vier- oder fünfjährigen Wahlperioden taugen nicht als Basis für eine stabile Entwicklung. Sie würden die Geschwindigkeit von Produktinnovationen verringern und unserer Industrie mehr schaden als nutzen.

In dieser ausschließlich digital erscheinenden Ausgabe besteht die Möglichkeit, durch Verlinkungen, Interaktionen und Vernetzungen zu Webinhalten und Sozialen Medien zusätzliche Informationen zu erhalten.

Allen Autorinnen und Autoren sowie allen Interviewpartnerinnen und -partnern sowie Anzeigenkundinnen und -kunden gilt unser Dank für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Sie sind herzlich eingeladen, in unserer nächsten Ausgabe, die voraussichtlich August erscheinen wird, mit Beiträgen, Interviews, Firmenpräsentationen und Anzeigen wieder mit dabei zu sein.

Redaktion: OEM&Lieferant

Dr. Rudolf Müller

Elisabeth Klock