9 sechs Prozent im laufenden Jahr. Die Auslastung der Freien Werkstätten ist ausgezeichnet, was zum einen an dem zunehmenden Durchschnittsalter der Fahrzeuge, aber auch an den deutlich günstigeren Stundenverrechnungssätzen gegenüber den Autohäusern liegt. OEM&Lieferant: Auf Ihrer „Automotive Conference“ 2024 hatten Sie sich mit dem Schwerpunktthema „Abhängigkeiten“ auseinandergesetzt. 2025 stellen Sie diese Veranstaltung unter das Motto „Wandel gestalten“. Mit welchen Themen werden Sie sich dabei hauptsächlich auseinandersetzen? Thomas Vollmar: Wir erleben derzeit einen tiefgreifenden Wandel auf allen Ebenen. So verlagern sich geopolitische Schwerpunkte nach Asien und dem Globalen Süden. Deutschland und seine europäischen Verbündeten müssen sich darauf einstellen. Mit dem technologischen Wandel verändern sich tradierte Unternehmensprozesse, gleichzeitig gewinnen alternative Antriebstechnologien wie Wasserstoff, Brennstoffzelle, E-Fuels oder E-Antriebe mit allen Facetten an Bedeutung. Neue Medien verändern nicht nur individuelles Kommunikationsverhalten, sondern prägen auch zunehmend unsere Geschäftsmodelle. Wir haben zu unserer Veranstaltung namhafte Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft eingeladen, um mit ihnen anhand von Praxisbeispielen zu diskutieren, welche Auswirkungen diese Entwicklungen für uns haben. Wir als GVA tun dies, weil wir nicht nur Objekt dieses Wandels sein wollen, sondern als Akteur ihn aktiv mitgestalten wollen. OEM&Lieferant: Unter dem Stichwort „Enforcement“ führt der GVA derzeit mehrere Klageverfahren vornehmlich gegen OEMs, wobei es hauptsächlich um die Durchsetzung verbandsspezifischer Interessen geht. Welche Ziele verfolgen Sie mit dieser Enforcement-Initiative? Thomas Vollmar: Der GVA hat die satzungsgemäße Aufgabe, die gemeinsamen Interessen des freien deutschen Kfz-Teile-Handels zu schützen und zu fördern. Dazu zählt auch die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche, wozu wir als qualifizierter Wirtschaftsverband ausdrücklich auch klagebefugt sind. Nachdem alle unsere Versuche gescheitert waren, auf dem Verhandlungsweg mit verschiedenen OEMs zu einer einvernehmlichen, interessengerechten und der aktuellen Rechtslage auch entsprechenden Lösung zu kommen, sahen wir uns gezwungen, von dieser Klagebefugnis Gebrauch zu machen. Unsere Klagen sind jedoch kein Selbstzweck. Im Einzelnen geht es dabei zum Beispiel um den durch die Typengenehmigungsverordnung garantierten freien Zugang zum OBD-Port in Fahrzeugen, der von manchen Fahrzeugherstellern reglementiert wurde. Auch die Praxis für Garantieleistungen durch die OEMs entspricht häufig nicht der Rechtslage. Wir wollen jedoch betonen, dass wir nach wie vor den Dialog mit den OEMs suchen. Die Klagen waren und sind jedoch erforderlich, um auf Seiten der OEMs Dialogbereitschaft zu erzeugen. OEM&Lieferant: Mit dem Inkrafttreten des EU-Data-Acts im Dezember 2023 und der Verlängerung der Gruppenfreistellungsverordnung im Mai 2023 mit der gleichzeitigen Aktualisierung der ergänzenden Leitlinien wurde der Forderung des GVA und der europäischen Dachorganisation FIGIEFA weitgehend entsprochen. Haben diese gesetzgeberischen Maßnahmen Ihrer Branche genutzt und sich im Verhältnis zu den OEMs bewährt? Thomas Vollmar: Beide gesetzgeberischen Maßnahmen waren Schritte in die richtige Richtung, jedoch haben sie sich in der Praxis nur beschränkt bewährt. So streben wir eine sektorspezifische Lösung an, um die Komplexität unserer Produkte deutlich besser abbilden zu können. Der Data-Act ist nicht ausreichend. Die ergänzenden Leitlinien zur Gruppenfreistellungsverordnung haben nach wie vor keinen rechtlich bindenden Charakter. Dies zu ändern, bleibt unser Ziel. OEM&Lieferant: Abschließend ein Wort zur politischen Situation. 2024 hatte der GVA sich in einem Positionspapier besorgt über die politische Situation in Deutschland geäußert und massive wirtschaftliche Reformen insbesondere im Rahmen von Deregulierung und Entbürokratisierung angemahnt. Wie waren die Reaktionen auf Ihre Stellungnahme und wie sehen Sie die Situation heute? Thomas Vollmar: Insbesondere in der Branche waren die Reaktionen auf unser Positionspapier ausgesprochen positiv. Positiv bewerten wir auch, dass die von uns angesprochenen Kernthemen Eingang in die Koalitionsvereinbarung der neuen Regierung gefunden haben. Politisch entwickeln sich die Dinge sowohl in Berlin als auch in Brüssel in die richtige Richtung. Ziel aller Aktivitäten muss sein, Wachstum auf allen Ebenen zu generieren, und wir sind zuversichtlich, dass dies gelingen wird. Wir danken Ihnen für das Gespräch. Das Gespräch führte Dr. Rudolf Müller. www.gva.de
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