OEM & Lieferant Ausgabe 2/2019 - OEM & Supplier 2/2019 by VEK Publishing
45 Fertigungs- und Montageaufgaben zusam- mengebaut und konfiguriert werden können. Folgende Maßnahmen bieten sich dafür an [5] : › Skalierbare Montagemodule, verkettet durch flexible fahrerlose Transportsysteme (FTS) und gleichzeitiger Verzicht auf fest installierte Fördertechnik, › verstärkter Einsatz von universellen Indus- trierobotern in Kooperation mit Fertigungs- und Montagemitarbeitern, › Nutzung der Potenziale, die die Digitalisie- rung und die steigende Leistungsfähigkeit der Informationstechnik für die Automobil- produktion bieten (siehe Bild 1). In verschiedenen Veröffentlichungen [6] hat die Unternehmensberatung strategy& Wege für Automobilhersteller aufgezeigt: einer davon – den wir im folgenden weiter ausführen – ist derjenige von Flex Champions: Fahrzeugfer- tigung nach diesem Geschäftsmodell verfolgt den Ansatz der höchstenWandlungsfähigkeit. Verschiedene Modelle, Antriebsvarianten und Derivate mit einer hohen Spreizung an Arbeitsinhalten können kostengünstig herge- stellt werden, indem jede Karosse einen indi- viduellen Weg durch Montagemodule nimmt, die wiederum von FTSen mit vorkommissio- nierten Warenkörben an Teilen zeitgerecht versorgt werden. Dieses Szenario erfordert die permanente Lo- kalisierung und Online-Verfolgung von Karos- sen, FTSen zu deren Transport, Anbauteilen sowie deren Transportmittel. Eine Förder- technik in mehreren Etagen wie in heutigen Automobilwerken ist dann nicht mehr erfor- derlich; auch spurgebundene Fahrzeuge wer- den weitestgehend aus der Fabrik eliminiert. Die heutige (meist outgesourcte) Logistik mit externen Lieferantenlagern, Supermärkten, Routenzügen zur Bandversorgung und Kan- banregalen amBand wandelt sich hin zur Kom- missionierung von Teilesätzen für bestimmte Verbauumfänge. Lediglich C-Teile werden (fremdbewirtschaftet) Just-In-Time in den Modulen bereitgestellt. Herausfordernd ist die Simulation und opera- tive Steuerung unter Nutzung neuer Verfah- renwie verstärkendemLernen (Reinforcement Learning) aller autonomen Fahrzeuge (siehe beispielhaft Bild 4), die den Werkstücktrans- port sowie die Anlieferung von Bauteilen übernehmen. Der Nachweis, dass ein solchen neuartiges Produktions- und Steuerungssystem min- destens genauso effizient wie die seit vielen Jahren erprobte und ausgefeilte getaktete Fließfertigung [8] am Band bei gleichzeitig hö- herer Wandlungsfähigkeit ist, ist noch zu er- bringen; das gilt auch für den Nachweis, dass es robust auf unerwartete Ereignisse selbst- steuernd reagiert. Selbstorganisation findet nicht nur in der Fab- rik statt, sondern auch auf der Ebene weltum- spannender Lieferketten. Für viele Zulieferer ist es schwierig, die Planungshoheit und ver- trauliche Informationen an einen zentralen Supply-Chain-Orchestrator zu übergeben. So entstehen Aufgaben der Selbstorganisation und der agentenbasierten dezentralen Pla- nung. Die ersten Ansätze, z. B. die Produktion der e.Go-Fahrzeuge in Aachen mit einer für ein Automobilwerk noch geringen Stückzahl, weisen darauf hin, dass Selbstorganisation ein hohes Potenzial hat, auch wenn noch einige offene Fragen zu beantworten sind. strategy& und Fraunhofer setzen sich gemeinsam das Ziel, diese offenen Fragen zu beantworten und ihren Kunden Wege in neue Produktions- systeme zu eröffnen. Quellen [1] acatech (Hrsg.): Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 - Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0, April 2013 [2] Sauer, O.; Sutschet, G.: ProductionMonitoring linked to object identification and tracking – a step towards real time manufacturing in automotive plants. In: Teti, R. (Ed.):Proceedingsofthe5thCIRP InternationalSeminar on Intelligent Computation in Manufacturing Enginee- ring, Ischia (Italy): 2006, pp. 321-326. [3] Bussmann, S.; Schild, K.: Self-Organizing Manufactu- ring Control: An Industrial Application of Agent Tech- nology. In Proc. of the 4th Int. Conf. on Multi-agent Systems (ICMAS‘2000), Boston, MA, USA, 2000, pp. 87-94. [4] Weyer, M.; Spath, D.: Das Produktionssteuerungs- konzept „Perlenkette“. Herausforderungen und Handlungsempfehlungen der Implementierung. ZWF ZeitschriftfürwirtschaftlichenFabrikbetrieb;2009,Nr. 12; S. 1126-1130. [5] Fraunhofer Allianz Automobilproduktion (Hrsg.): Mo- bilität der Zukunft muss produziert werden. Positions- papier, Chemnitz: 2019. [6] Weber, H. et al: Transforming vehicle production by 2030 – how shared mobility and automation will re- volutionize the auto industry. strategy& White Paper, 2018. [7] Fraunhofer IOSB: Künstliche Intelligenz für die Produk- tion von morgen. White paper, Karlsruhe: 2019. [8] Monden, Y.: Toyota Production System: an integrated approach to Just-in-time. Engineering Management Press, 1997. Bild 3: Beispiel einer ersten Anwendung von Selbstorganisation in der Automobilproduktion Bild 4: Selbstorganisation am Beispiel schwarmbildender Insekten [7] Fraunhofer IOSB https://mes.fraunhofer.de Selbstorganisation für flexi- ble Fertigung und Logistik https://www.iosb.fraunhofer.de/ servlet/is/98040/ Webseiten
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